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Ausstellungen

Aussen Vor — On the outside

Ausstellung Sa., 09.06.2007–So., 12.08.2007

Aussen Vor - On the outside

Lesedauer etwa 3:25 Minuten

Ulf Aminde (DE) / Christoph Büchel (CH) / Th e Da Zha Lan Project (CN) / Peter Fend (US) / Päivi Häkkinen (FI) / Michael Hieslmair / Maruša Sagadin / Michael Zinganel (AT) / Manoa Free University (AT) / Guillaume Paoli (DE) / Neriman Polat (TR) / REINIGUNGSGESELLSCHAFT (DE) und Miklós Erhardt (HU) / Oliver Ressler (AT) / Cornel Wachter (DE) / Internationales Kunstplakatprojekt HOLY DAMN IT: bankleer (DE) / open circle (IN) / Mansour Ciss / Laboratoire Déberlinisation (SN) / Markus Dorfmüller (DE) / Petra Gerschner (DE) / Marina Gržinić (SI) / Ibrahim Mozain / Artists Without Walls (IL / PS) / Oliver Ressler (AT) / Walter Seidl (AT) / Allan Sekula (US)

Spiele und ihre Regeln – Wer ist drin? Wer draußen? Und warum? – waren Ulf Amindes Thema, seine Räume waren «die jeweils eigene Bühne der Leute» (Aminde). In der Videoinstallation auf Probe (2007) übernahmen Obdachlose in einer typischen Castingsituation die Rollen der Jury-mitglieder (und damit Entscheidungsträger). Für weiter!!! (2003) hatten sich Punks eingefunden, um «Reise nach Jerusalem» zu spielen ... Christoph Büchels Video Parade (2005) ließ die Fernsehübertragung einer Militärparade in Teheran, abgenommen von den Chefs der iranischen Theokratie, unkommentiert. Swastika, Davidstern und die Initialen des Erzfeindes, «US», wurden von farbenfrohen Marschformationen in Szene gesetzt und von anderen in Raketenform vernichtet. Als Teil des Da Zha Lan Project (Ou Ning und Cao Fei) dokumentiert das Video Meishi Street (2006) das Verschwinden der historisch gewachsenen Bausubstanz, die Zerstörung von Wohnraum und Zwangsumsiedlung seiner Ortsansässigen südwestlich des Pekinger Platzes des Himmlischen Friedens zur «Verbesserung der Verkehrssituation» für die Olympischen Spiele 2008, wofür die Straße von 8 auf 25 Meter verbreitert wird. Die Landkarte WORLD BANK PROPOSAL – Alles im Dienste der neuen Weltbank (2007) war Peter Fends Vorschlag an die Weltbank und die Banco del Sur zur Nutzbarmachung der Ozeane als Quelle erneuerbarer Energien und Rohstoffe. Atlantischer, Pazifi scher und Indischer Ozean gruppierten sich auf den Wänden um die im Raumzentrum kartografi sch aufgetischte Antarktis. Satellitenaufnahmen der Zustände dieser Ozeanbecken fl ankierten eine Liste mit Staatsfl aggen, die die Mitglieder jedes Bank- bzw. Ozeandistrikts benannten. «Untersee-Ambiente» in einem schmalen Gang thematisierte den Seetang als alternative Ressource künftiger Öko-Systeme. Päivi Häkkinens Raumarrange-ment I walk where I walk (2007), ein Schlafender in einem Bett, neben dessen großem Kopf sich eine Fellmaske mit Hasenohren auf dem Kissen befand, verbildlichte die Situation eines Außenseiters, getrieben, sich vor der Intoleranz der gegenwärtigen Welt in einen Traum zu flüchten oder zurückzukehren. Die Entwicklungsgeschichte der Autobahnraststätte St. Pankraz – vom ländlichen Gasthaus zum 24-Stunden-Rasthaus und Knotenpunkt transnationaler Migrationsrouten von Einheimischen, Pendlern, Zugezogenen und Passanten verschiedenster Nationen an einer wichtigen transalpinen Nord-Süd-Trasse Europas – stand im Mittelpunkt der Installation EXIT St. Pankraz – Autobahn E57 / A9 km 37 (2007) der österreichischen Künstlergruppe Hieslmair / Sagadin / Zinganel. Das Video Performative Kartografie (2005 – 06) der Wiener Manoa Free University beschrieb, angelehnt an deren Studie «Heterotopologie, ähem.», die empirische Erkundung eines erschaffenen Ortes ohne Ort, eines temporären Dazwischen, hinsichtlich neuer Möglichkeiten des Handelns und Werdens. Das Take-away-Offsetdruckposter OUT OF BUSINESS (2007) bezog sich auf die «Lost Colony», die erste englische Kolonie Nordamerikas: Man vermutet, dass sie weniger verloren ging, als dass deren Mitglieder absichtlich verschwanden – weil niemand so recht Lust auf’s Kolonisieren hatte. Guillaume Paoli, Mitbegründer der «Glücklichen Arbeitslosen» und Autor philosophisch-aktivistischer Manifeste gegen den Arbeitsglauben, inszenierte das triste Dienstbüro einer Sicherheitsfi rma, in dem die Ausstellungs-besucher selbst zum Beobachtungspersonal wurden. Auf zwei Überwachungsmonitoren flimmerte, kommentiert von Paoli selbst, der Zusammenschnitt unterschiedlicher Überwachungssequenzen, betitelt mit entäusserung/entinnerung (2007). Ihre Identität als Künstlerin verhüllend, arbeitete Neriman Polat für die Videoinstallation The Bazaar (2006) als Verkäuferin auf einem Touristenbasar in Istanbul, einem «Zentrum globaler Wirtschaft». Mit Fotos von Verkäufern, Kunden, Touristen und Einheimischen und einem Video, das lediglich Füße im Basartreiben in den Fokus nahm, die sinnhaft für Globalisierungseinfl üsse und Widersprüche zwischen Ost und West standen, bebilderte sie die Aktion. Die Rechtfertigung der aus geostrategischen Gründen geführten Angriffskriege gegen Afghanistan und Irak mit dem Export von Demokratie wiederholte Oliver Ressler in Fly Democracy (2007) mit Filmprojektion, Flugblättern und Sound. Zu Beginn der Militäreinsätze wurden neben Bomben auch an die Bevölkerung gerichtete Flugblätter mit Desertionsaufrufen, Verhaltensregeln oder Polit-Botschaften verbreitet. Resslers symbolischer Abwurf-Zielort lag in den USA, seine Flugblätter informierten über Formen direkter Demokratie und widersprachen dem von der US-Regierung forcierten Modell der formalen Demokratie. Cornel Wachters Paravent Home of the brave I war ausgefacht mit klarsichtigem Panzerglas, ein seiner Funktion enthobenes, absurdes Möbel, auf dessen drei Glasfeldern sich das Wort «security» in Folge wie ein beschwörendes Mantra las, das für jenen Teil der Gesellschaft stand, der sich zur «eigenen Sicherheit» ohne Murren durchleuchten und -schnüffeln lässt. Die materialidentische Skulptur Home of the brave II (beide 2007) stand für jene, die der Überwachung der Privatsphäre eine klare Absage erteilen. Ihr zerstörtes Sicherheitsglas war teils undurchsichtig, teils gewährte es Durchblicke. Auf den Glasfeldern las man «égalite», «liberté», «fraternité», während sich umgekehrt in Richtung der ersten Skulptur die Lesereihe «fraternité», «liberté», «égalite», «security» ergab. Die REINIGUNGSGESELLSCHAFT und Miklós Erhardt thematisierten in ihrem Forschungsprojekt The Social Engine – Exploring Flexibility (2007) den Einfluss flexibler Arbeits-konzepte im Bereich der europaweiten Wachstumsbranche Zeitarbeit auf die Struktur der Gesellschaft in Deutschland und Ungarn. Arbeitnehmer- und -geberperspektiven wurden in Interviews gegenübergestellt. Zugleich zeigte die Stúdió Galéria Budapest dieses Projekt.

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