Gökçen Dilek Acay — Have You Ever Touched a Bug's Belly?
Soloausstellung
Sa., 01.02.2025–So., 13.04.2025 noch 19 Tage
Lesedauer etwa 36:12 Minuten
Haben Sie jemals den Bauch eines Käfers berührt?
Diese eher ungewöhnliche Frage stellt Gökçen Dilek Acay an den Anfang ihrer mit 245 Arbeiten auf 400 Quadratmetern bislang umfassendsten Einzelausstellung, mit der sie nicht nur zu ihren Anfängen als Künstlerin zurückkehrt, sondern auch ihre während des letzten Jahrzehnts weltweit gesammelten künstlerisch-inhaltlichen, ästhetisch-kritischen und handwerklich-praktischen Erfahrungen vereint. Generell geht es in ihrer Arbeit um eine Reflexion des politischen Klimas. Acay spricht Themen wie die Zerstörung historischer und sozialer Werte, Machtstrategien im geopolitischen Weltgeschehen und vorherrschende soziale Probleme an. Sie erforscht die komplexe Schnittstelle zwischen Macht, Identität und der menschlichen Existenz, stellt Begriffe wie Zerbrechlichkeit, Isolation und Vertreibung in den Mittelpunkt ihrer Ausstellung, tritt den Werten der Zeit, in der wir leben, skeptisch gegenüber. Aktuelle politische und gesellschaftliche Irrtümer kombiniert sie beispielsweise auf kleinen Notizen und Zeichnungen mit Humor und Ironie. Mit einem poetischen Ansatz verbildlicht sie die unerträgliche Last des Menschseins, die zerbrechlichen Seiten des wilden Menschen. Charakteristisch für ihre künstlerische Praxis sind die wichtige Rolle von Bewegung, Körper und Klang in ihren Arbeiten wie auch deren visuelle Intensität und technische Vielfalt, nicht minder der interdisziplinäre Dialog zwischen bildender, darstellender und Medienkunst, der sich in ihrer Zusammenarbeit mit Tänzerinnen, Musikerinnen und bildenden Künstlerinnen ausdrückt. An Acays Eröffnungsperformance zu Nähe und Distanz wirkten z.B. Rand Ibrahim und Eunji Lee mit. Für die Ausstellung entstanden Werke, in denen die türkische Künstlerin Materialien wie Menschenhaar, Rauch, Zucker, Wachs, Latex, Textilien und Neonlicht, Handwerkstechniken wie Klöppeln, Häkeln, Weben, Sticken, Färben, Keramik und Porzellanmalerei und Disziplinen wie Film, Fotografie, Zeichnung, Installation und Performance anwandte.
Have You Ever Touched a Bug’s Belly?
Gökçen Dilek Acay poses this rather unusual question at the beginning of her solo exhibition, with 245 works on 400 square meters, in which she not only returns to her beginnings as an artist, but also brings together the aesthetic-critical and technical-practical experiences she has gathered worldwide over the last decade.
In general, her work is a reflection on the political climate. Acay addresses issues such as the destruction of historical and social values, power strategies in geopolitical world affairs and current social issues. She explores the complex intersection between power, identity and human existence, placing concepts such as fragility, isolation and displacement at the center of her exhibition. She skeptically confronts the values of the times we live in.
Furthermore, she combines current political and social issues with humor and irony in small notes and drawings. With a poetic approach, Acay illustrates the unbearable burden of being human and the fragile side of the wild human being.
Movement, body and sound are important characteristics in her work, as well as visual intensity and technical diversity. Another characteristic is the interdisciplinary dialog between visual, performing and media art, expressed by collaborating dancers, musicians and visual artists.
Rand Ibrahim and Eunji Lee, for example, took part in Acay's opening performance on proximity and distance. For the exhibition, the Turkish artist created works using materials such as human hair, smoke, sugar, wax, latex, textiles and neon light, craft techniques such as bobbin lace, crochet, weaving, embroidery, dyeing, ceramics and porcelain painting, and disciplines such as film, photography, drawing, installation and performance.
Ein Galerierundgang
Dieses Werk bildet gleichzeitig den Titel der Ausstellung. Die Komposition, bestehend aus verspielten und seltsamen Charakteren, stellt diese Frage nicht mit kindlicher Naivität, sondern in ernsthafter Absicht: Warum erscheint es uns so fremd, den Bauch eines Insekts zu berühren? Es ist ein Versuch der Empathie… Ein kafkaesker Blick… Die Einsamkeit eines Gregor Samsa, der sich in ein Insekt verwandelt hat – ein Versuch, diese Einsamkeit zu verstehen. Ein Versuch, ein tiefes Verständnis zu entwickeln, während man ins eigene Loch stürzt. Ein Versuch, das Unvertraute begreifbar zu machen. Diese Arbeit entstand 2023 im gleichen Produktionsprozess wie weitere hier ausgestellte Stoffarbeiten. Sie wurde mit einer collageartigen Bildsprache sowie einer Kombination aus Malerei, Stickerei und verschiedenen Mischtechniken geschaffen, um eine erzählerische Dimension zu erzeugen.
Im Eingangsbereich der Galerie, vor allem aber in einem schwarzen Raum der zweiten Etage, begegnet uns eine hier siebenteilige als Ikonen im Schatten bezeichnete Flaggenreihe mit anthropomorphen Figuren, Mischwesen aus Mensch und Tier, die auf eine Weise, die an religiöse Ikonen erinnert, verschiedene Geschichten erzählen. 2020 wurde die Hagia Sophia von einem Museum in eine Moschee umgewandelt. Ein Ort mit jahrhundertelanger kultureller und religiöser Geschichte war zu einem politischen Symbol geworden – zu einem Raum der Machtdemonstration und des Profits. Eine Rant Mekanı, Stätte der Verwertung. Die christlichen Ikonografien mussten verschwinden – sie wurden in die Dunkelheit verbannt, mit einer speziellen Schwärzungstechnik übermalt, da jede Art von bildlicher Darstellung im Islam verboten ist. Daher trägt die Serie den Titel Ikonen im Schatten. Seit ihrem Produktionsbeginn hat sich die Weltordnung – zum Guten wie zum Schlechten – verändert. Doch nicht nur diese Ikonen sind verdunkelt worden. Auch ein ganzes Land ist im Dunklen versunken – ein Land, das seinen Status als demokratischer Staat verloren hat, in dem die Konzepte von Gerechtigkeit und Recht nicht mehr funktionieren: Die Intoleranz gegenüber anderen Sprachen innerhalb des Landes, Vertreibungen, ehrenhafte Menschen, die grundlos inhaftiert werden – eine Dunkelheit ohne Ende ... So setzt sich das Erzählen von Geschichten mittels Flaggen fort. Mit kurzen verbalen Ausdrücken und minimalen Handgesten, mit ernsten und charismatischen Posen versuchen Figuren mit menschlichen oder menschenähnlichen Zügen eine direkte Verbindung zum Publikum herzustellen. Ihre Kommentare: Man weiß nie, was in der Schale steckt. Mein Schweigen ist meine Würde. Man kann keinen Wandel erwarten, wenn man die Augen verschließt. Du kannst die Leere in dir selbst nicht sehen! Frage dich selbst! Alles geschah, während wir warteten.
Im Eingangsbereich der Galerie befindet sich ein Video, Clean my Soul, geschossen mit nur einer Einstellung aus nur einem Blickwinkel. Ein Hund leckt unaufhörlich das Gesicht einer Frau – zwei Minuten und 17 Sekunden lang. Das Video bewegt sich zwischen einer Art von Unbehagen und Sanftheit und durchbricht die hierarchischen Grenzen des tierischen Instinkts.
21 Blumen – von der Ackerringelblume bis zum Zwergweichsel –, in wildem Bouquet auf drei handkolorierten Siebdrucken namens Zusammenleben miteinander vereint, muten zwar frisch und lebhaft an, benennen jedoch eine Gruppe in Thüringen bereits ausgestorbener und vom Aussterben bedrohter Pflanzen. Vereinzelte Hände an den Bildrändern deuten auf das „Handgreifliche“, den stets egozentrisch-brutalen Zugriff unserer dominanten Spezies, der „Krone der Schöpfung“, auf Flora und Fauna. Die floral-stuckiert-pinkfarbene Barockdecke dieses „Saales“, in dem Goethe sein zweites Weimarer Jahr samt Geheimratsernennungssause abfeierte, und eine aufklärende Extincted-Species-Take-Away-Liste lassen das Konzeptuell-Doppelbödige dieses „Thüringen-Traditionskabinetts“ durchscheinen. Als wäre das nicht genug, lauern gegenüber drei in die Tage gekommene pastorale Landschaftswandteppiche mit röhrenden Hirschen, Bambies, Rebhühnern und Bergbauden. Der mittlere Behang erinnert mit seiner in Brand geratenen und zur Dystopie verkommenen Idylle (wenn man mal von den UFOs absieht, die sich gerade Wildschweine und Wölfe hochbeamen) an das reale Gegenwartshollywood-Katastrophenszenario vor einigen Tagen. Flankiert wird dieser unbeschriftete zentrale Gobelin von zwei Stickbildern, die die Fantasiewörter „Seinsdrang“ und „Werdensdrang“ tragen. Der weltoffene, vom Forschergeist durchdrungene Goethe stellte, als er vor 250 Jahren seinen „Faust“ exakt hier vor Ort bearbeitete, Fragen zum Menschsein, zur Beziehung zwischen Mensch und Natur, zur Entwicklung des Individuums, dem Streben nach Erkenntnis und der ständigen Veränderung des Lebens.
Die Teppiche mit den Worten Seinsdrang und Werdensdrang sind ein Versuch mit seiner Perspektive in einen Dialog zu treten. An einer Seitenwand schließlich komplettiert eine von der Künstlerin mit einer Geisterlandschaft aus nebelschwadigen Sprechblasen („Ich bin Teil des Rauchs“) und teils halloweenschen Wesen übermalte Handkarte von Thüringen aus dem berühmten Justus-Perthes-Verlag Gotha das „Heimatzimmer“. Weimar wird dabei zangenartig von einer Hand umfasst und einer Bemerkung „Ich habe hier kein Zuhause mehr“ flankiert. An anderer Stelle findet sich der Kommentar „Der Boden, auf den du trittst, ist nur ein Teil der Erdoberfläche.“ Eines nackten Nietzsches Sprechblase bleibt leer. Sein Geist ward gespenstisch gespiegelt, er verstarb 1900 „geistig umnachtet“ in Weimar. Und im Nordwesten des Planes heißt es unweit zweier Figuren, die an KZ-Häftlinge erinnern. „Sie waren immer hier, sie gingen und kamen nicht zurück.“
Sind es im barocken Saal Stickereien auf Alttextilien, Zeichnungen auf kartografischer Vorlage oder Siebdrucke, so geht es im folgenden Raum – einer Art Naturkundemuseumsverschnitt – medial richtig rund: Dreikanalvideo, Häkeleien auf Stoff, Menschenhaar auf Seife, Bleistift auf Tierknochen, Katzenhaar auf Papier, Menschenhaarobjekte in Vitrinenkästen. Shaping DNA (DNA formen) sind letztere vier betitelt und wie die 13 Imaginären Fossilien und drei Steindrucke (mit Goldfäden) Stones are Talking ein Spiel und damit ein Befragen von archäologischen Funden und Sammlungen in der Institution Museum und letztlich eine Neukonstruktion von Geschichte: so könnte sie auch verlaufen sein. Denn erzählen uns Historie und Naturwissenschaft stets die Wahrheit? Wer weiß schon genau, was vor Zigtausenden von Jahren geschah. Das zwölfminütige Filmtriptychon Atomliebe ist von der französischen Trikolore inspiriert – ähnlich des Drei-Farben-Filmzyklus (1993-94) des polnischen Regisseurs Krzysztof Kieślowski (seine letzten Werke). In welcher Ära leben wir in Europa? Frankreich entscheidet sich 2021, 18 neue Atomkraftwerke zu bauen, während Deutschland versucht, alle Atomkraftwerke abzuschalten. Eine kranke und traurige Welt – Sick and sad world (aus Katzenhaar) liest man auf einer Zeichnung schräg gegenüber. Wohin bewegen wir uns? Wie geht es weiter? Was bleibt übrig? In den dystopisch anmutenden Filmen, die sich nicht aufeinander beziehen, sehen wir sich merkwürdig bewegende Menschen. Etwas stimmt nicht. Und krankhafte Zoobilder: Die Bewegungen der Tiere sind repetitiv, sie scheinen in den Tierparkgehegen mental erkrankt. Ein Eisbär zur Sommerzeit im Berliner Zoo – einen Monat nach dem Dreh ist er tot. Pinguine, die in diesem Habitat, wo nichts, weder zeitlich noch räumlich, passt, nichts verloren haben. Wir Menschen beeinflussen und bestimmen alles – der Rest ist egal. Eat yourself (wiederum aus Katzenhaar), „vernichte dich“, lautet von daher die Botschaft an uns selbst, erst dann können andere Spezies endlich Ruhe finden ... In der Filmtrilogie verschwindet eine Frau, Rauch steigt aus einer Vagina auf … Masken und Rituale beschwören die Frage herauf: Ginge es auch anders, indem die Natur unberührt bliebe? Sie bleibt unbeantwortet, wenn zu guter Letzt zwei affenähnliche Tierskelette miteinander in den Dialog treten: „In diesem Körper bin ich ganz ich selbst.“ – „Der einzige Unterschied zwischen uns ist, dass Du vor mir stehst!
“Mitten in einem sich anschließenden quadratischen White Cube hängen zwei per Siebdruck mit auf Pflanzenbasis entstandenen Farben produzierte Kimonos von der Decke. Früher war der Kimono die alltägliche Kleidung in Japan. Heute werden Kimonos nur noch zu besonderen Anlässen getragen, bei Hochzeiten, Teezeremonien oder zu Sportarten wie Kendō, während westliche Kleidung den Alltag dominiert. Jeder Kimono hat seine mittels Stoffen, Mustern und Farben zu identifizierende symbolische Bedeutung. Kimonos mit Motiven aus dem zeitgenössischen Leben wurden im Kaiserreich Japan zwischen 1900 und 1945 und während Japans Beteiligung am Zweiten Weltkrieg populär. Die Dekoration vieler Kimonos aus dieser Zeit (heute als omoshirogara, 面白柄, bezeichnet) stellte häufig die militärischen und politischen Aktionen Japans während seiner Beteiligung am Krieg auf der Seite der Achsenmächte dar. Kimonos dienten in jenen dunklen militaristischen Zeiten quasi als Leinwände. Im Englischen werden diese Kimonos als „Propagandakimonos“ bezeichnet. Gökcen Dilek Acay griff diese Idee auf und druckte rote, grüne, gelbe, blaue, schwarze und graue Symbole der (1936 eingeführten) Kennzeichnung der Häftlinge in den deutschen Konzentrationslagern zur Gruppierung und Kenntlichmachung der Gefangenen im Machtbereich des NS-Staates, also zur Erkennung der KZ-Häftlinge nach Ländern, „Rasse“, Vorverurteilungen etc. auf den linken, lilafarbenen ihrer Protestkimonos. Der rechte, blaue Kimono trägt ein Ornament aus hunderten bombenförmigen Elementen. Die Innenleben beider Kimonos hingegen sind mit lebendigen und pflanzlichen Motiven gestaltet, als Kontrast zu den dunklen Zeiten.
Eine der Kunstproduktionsmethoden Gökcen Dilek Acays ist das Zuckergießen – „weil Zucker leicht formbar ist, keinen Wert hat, vergänglich ist, denn er schmilzt, kann nicht ewig in seiner Form bleiben.“ Besonders bauliche Details an historischen Gebäuden haben es ihr angetan, „weil sie viel über Status, Macht und Reichtum, Lebens- und Denkungsart, Visionen und Sehnsüchte jener erzählen, die die Bauten errichteten. Es sind Signaturen, an denen man etwas ablesen kann, die ein Teil von uns sind, aber oft mit der Zeit verschwinden.“ Wandkeramiken, Mosaiken oder ornamentale Friese aus Marmor, Schiefer, Kalkstein, Metallguss, Gips oder Holz sind nicht selten dekorativ bemalt oder geschnitzt, zeigen mythologische Figuren, erzählen Geschichten in mehreren Tafeln oder sind mit geometrischen Motiven wie Streifen, Spiralen, Quadraten, Mäandern oder floralen Motiven verziert. 39 von verschiedenen chinesischen Architekturen inspirierte Kacheln aus Haushaltszucker und Wachs stellt die Künstlerin in ihrer Kollektion Es bleibt nichts übrig zur Schau. Es könnten Keramikfunde in einem archäologischen Museum sein, Scherben, die teils an lichtdurchlässigen, bräunlichen Bernstein erinnern.
Häufig verwendet Gökcen Dilek Acay in ihren Arbeiten Tiermotive. Sie sind die Hauptdarsteller, der Rollentausch zwischen Mensch und Tier ist ihr wichtig. Jedes Tier hat eine symbolische Bedeutung, der Hirsch steht für Anmut und Eleganz, Erneuerung und Wachstum, Achtsamkeit und Sensibilität, innere Schönheit und spirituelle Verbindung. Doch hier dient der Hirsch als Selbstporträt. Gökcen Dilek Acay formte ihre eigenen Ohren ab und transplantierte sie unters Geweih der Skulptur: „Wir sind vereint.“ Auch hier wieder ein Spiel mit der Wahrnehmung, eine Täuschung der Sinne: Eine einfache, kitschige Figur als Teil einer Aktion, die dem Abregen der eigenen Wut (der Ausstellungsbesucher*innen) dienen soll, denn wie heißt es auf einem Schild: „Wenn Du wütend bist, drück den Knopf.“ Drückt man den Knopf, fängt der Hirsch an, aus beiden Ohren zu dampfen. Die aus Gasthäusern, Heimatmuseen und Bergbauden bekannte Trophäe des Jägers, eigentlich eine Opferfigur, am Hals vom Körper getrennt, ändert ihre Funktion. Rauch, Dampf, Nebel auf Knopfdruck – die Eroberung der Fauna als ignorierte, vergängliche, verschwindende „kulturelle Leistung“.
Auf einer schachbrettgemusterten Elfmeterwand tummeln sich 20 mit Kreide, Fineliner und chinesischer Tusche auf Chinapapier komponierte Zeichnungen: geometrische Studien, an Tiere und Menschen angelehnte naive Figurenskizzen und mit verschiedensten Phrasen und Notizen in collageartigen Überlagerungen ausgiebig gefüllte Bild-Text-Kombinationen. Eine Geschichte reiht sich an die nächste: „Ich plane sie nicht – sie entstehen einfach, wie motorische Übungen, intuitiv. Ich komponiere meine figurative Welt langsam und vorsichtig.“ Die Zeichnungen sind fast ausschließlich in Schwarz und Weiß gehalten – sie haben kaum Farbe abbekommen. Minimalistische Grafiken, als ein Versuch, ein Gleichgewicht herzustellen, eine meditative Ruhe inmitten des Chaos zu finden… Alles entspringt einer einzigen Bewegung, Linien ohne Aussageabsicht, stille Striche, eine erwartungslose Reglosigkeit… Helfen vereinzelt hingekritzelte Sätze und Sprachfetzen, solch grafische Verdichtungen zu entschlüsseln? Die dem Werkkomplex titelgebende Arbeit lautet "Wie spät ist es in der Welt?" Auf verschiedenen Papieren ist zu lesen: „Es ist jetzt dunkel, es gibt keinen Tag und keine Nacht mehr.“ „Ich strecke meine Arme zum Himmel aus, als würden mich die Wolken in sich aufnehmen.“ „Es ist schon unmöglich, alles zu verstehen, aber wie soll man sich zur Welt verhalten, damit sie nicht zu einer Hölle für empfindliche Seelen wird?“ „Ich behalte alle Stimmen in mir, damit mich niemand hören kann.“ „Aus jedem Menschen entsteht ein anderer Mensch, und das geschieht immer und immer wieder!“ – „Sprache ist irrelevant – auch wenn sie hier einen Sinn ergibt, könnte sie zugleich nur ein grafisches Element sein …“ verrät Gökcen Dilek Acay, meint aber auch „Poesie und Philosophie dienen dazu, weltliche Regeln zu verstehen … Das Verschwundene hinterfragen, dem Nicht-Existierenden eine Bedeutung verleihen.“ Und im Zentrum der Wand und einer Zeichnung findet sich auch hier, dominant: Die Florentinerin Lisa del Giacondo (Mona Lisa), für die man jetzt extra Eintritt im Musée du Louvre löhnen soll. Hauptfigur, weltberühmtes Gesicht, das immer wieder überall auftaucht. Eine Suche nach der Wahrheit: Wer ist sie? Wie war das damals? Ergibt all das einen Sinn? So viele Fragen …
2023 begann Gökcen Dilek Acay, mit Fliesen zu arbeiten, um (wieder einmal) eine für sie neue, alte Handwerkstechnik zu erlernen: die Porzellanmalerei. Dafür arbeitete sie mit einem alten Meister zusammen, der bis zu seiner Rente in einer nicht minder betagten Porzellanfabrik Blumen zeichnete. Sie sagt, dass sie es, abgesehen von ihrer Begeisterung für Porzellan, Ton und Keramik, liebt, kitschige Objekte zu formen: „Die Oberfläche, die ich für meine Zeichnungen verwende, sind einfache flache Fliesen, ich möchte diese Technik aber auch für räumliche Objekte anwenden.“ Eine Fliesentrilogie zeigt beispielsweise Motive, die Tarotkarten ähneln und, versehen mit schriftlichen Anmerkungen, Leben und Tod darstellen. Das mittlere Panel stellt einen doppelköpfigen Affen dar, als wäre er die Rückseite einer dieser Wahrsagekarten. Drei weitere Fliesenmosaiken ähneln im Wesen den Chinapapierzeichnungen gegenüber und bestehen aus collageartigen Geschichten. Dabei fallen die Dominanz der Farbe Blau und der „asiatische Charakter“ auf: Die Künstlerin verarbeitete hier viele Figuren aus antiken chinesischen Mythen. „Die Charaktere, die ich zeichne, befinden sich immer in einer merkwürdigen körperlichen Interaktion. Dabei kommunizieren sie mit einer nichtexistierenden, gestischen Sprache. Was sie tun, bleibt unklar. Ich sehe meine Figuren als Wesen, die versuchen zu kommunizieren, aber sprachlos sind – deshalb kommt der Körper ins Spiel. Durch diese Methode bleibt eine gewisse Schwere des Dargestellten erhalten, entzieht sich jedoch der Ernsthaftigkeit und wandelt sich in eine Art schwarze Komödie: Dunkel, aber mit dem Bedürfnis, zum Lachen zu bringen. Und gefüllt mit persönlichen Anekdoten, jedoch nicht auf eine Person, sondern ein Ereignis fokussiert. Der Körper ist in meinen Arbeiten lediglich ein Mittel, eine soziologische Konstruktion.“ Von Füreya Koral (1910-1997) aus Istanbul, einer Pionierin der modernen Keramikkunst, die Elemente der islamischen mit der westlichen Kunst mischte, und vor allem von deren „Wandteppichen aus Fliesen“ lässt sie sich dabei inspirieren.
In einem linkerhand des flurartigen Raumes gelegenen blauen Kabinett läuft ein Schwarzweißfilm aus der 2020 im Rahmen des Taipei Artist Village AIR-Programms, dessen Residenzkünstlerin Dilek war, entstandenen Werkreihe IKAI. IKAI könnte ein Ort wie der Himmel oder die Hölle sein – oder ein Reich, in dem Geister leben. Manchmal, wenn einem eine Person merkwürdig oder fremdartig erscheint, wird der Begriff im Japanischen auch verwendet, um jemanden als „von Ikai stammend“ zu beschreiben. Im Wesentlichen bezeichnet „Ikai“ im Japanischen eine imaginäre Welt, steht für eine Auseinandersetzung mit unserem Verhältnis zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Butoh-Prinzip eines Tanztheaters ohne feste Form, das nach dem Zweiten Weltkrieg in Japan entstand, mit nichts zu beginnen und sich in etwas zu verwandeln, inspirierte Dilek dazu, Transformation mittels Choreografie darzustellen. Zeit und Raum lösen sich auf in der Vorstellung, dass „das Alte verschwinden muss, damit etwas Neues beginnen kann.“ In einem schmalen Gang hinter dem Podest um die Ecke findet man drei ebenfalls der IKAI-Reihe zugehörige, inszenierte Fotografien und einen Text: Alles spielt sich in deinem Kopf ab. Was du siehst und hörst, zieht dich an, indem es den Boden aufreißt. Alle Konzepte verschwinden, du wirst in den Riss gesaugt. Du landest in einem schwarzen Loch wie alles andere, weder Himmel noch Hölle sind mehr dein Zuhause. Du existierst einmal mehr in der Abwesenheit, in Welten, die du nicht verstehen kannst. Deine Existenz entspricht einer Farbe, die du nie in deinem Leben gekannt hast, einer Blume, die du nie gesehen hast. Jede Berührung wird schwarz, alles, was du siehst, wird weiß, wird unscharf, lässt alle Sinne funktionslos werden. Du bist jetzt eine seltsame Person, du bist jetzt ein Geist, der alles ausschüttet, was einst in deinem Kopf steckte, und du fliegst 5 cm hoch in der Luft, um nicht auf den ekelhaften Boden draußen zu stürzen. Du bist eine Flüssigkeit, die aus der Erde entspringt, ein Mensch, dessen Atome zu Tieren werden, und genießt es, du zu sein.
Eine komplett weiße Kammer darf nicht betreten werden, denn quer durch den Raum zieht sich von der Decke fast bis zum Boden die filigrane Installation einer kreisrunden Haarröhre mit einem Durchmesser von 11 Zentimetern. Jedes der 65 zusammengeknoteten Haare ist 327 Zentimeter lang. Diese optische Verflechtung wurde 2016 erstmals in Baku installiert – von der Decke bis zum Boden. Später konstruierte Gökcen Dilek Acay auch tragbare Versionen, die sie jedoch alle entsorgen musste, da das Material nicht lange haltbar ist. Wie ihre gewebten Haararbeiten besteht auch diese aus menschlichen Überresten – aus echtem Menschenhaar: „Ich interessiere mich für vergängliche Materialien – besonders für solche, die Teil unseres Körpers sind. Deshalb habe ich diese Arbeiten Shaping DNA genannt. Es handelt sich um Körperreste, die genetische Informationen enthalten und im Laufe der Zeit verschwinden.
Den sich anschließenden Veranstaltungsraum dominiert die raumlange Fotostoffbahn More than Human. Wir sehen eine Gruppe von Menschen, die in einer vermutlich existenziellen Situation verharren – voller Angst, aber zugleich in einer symbolischen Haltung des Mutes, die durch ihre Nacktheit entsteht. Wohin schauen sie? Worauf warten sie? Wie real sind sie? Wer sind diese Menschen – oder sind sie überhaupt Menschen? Jeder Körper ist für sich selbst verantwortlich und trägt zugleich alles Menschliche in sich. Diese Existenz bedeutet, dass jeder Körper eine Identität trägt. Während wir versuchen, das Konzept des Körpers zu verstehen, analysieren wir es oft durch die Brille der Macht. Körper und Macht sind ohnehin untrennbare Begriffe. Der Körper artikuliert hier eine Haltung, die einer Abrechnung ähnelt – als ob eine Gruppe mit etwas oder jemandem abrechnet. Aber wie positioniert man sich als Betrachter*in in dieser Konfrontation? Wir alle haben ein Bedürfnis nach Identität. Um uns selbst zu definieren, greifen wir auf eine Sammlung von Attributen zurück. Zuerst reduzieren wir unseren Körper auf eine Geschlechts- und geografische Identität. In dieser Arbeit hingegen sehen wir geschlechtslose Körper, die asiatisch wirken, aber nicht eindeutig zugeordnet werden können. Das Einzige, was wir wissen: Sie sind Menschen. Warum sucht der Mensch aus Angst und Scham Zuflucht in seinem Körper? „Ich beziehe mich oft auf den Butoh-Tanz, um meine Arbeiten zu erklären, denn genau diese Philosophie spiegelt sich darin wider. Wenn Du etwas sein willst, musst Du Dich zuerst in einen leeren Körper verwandeln. Im Butoh-Tanz geschieht dies durch das Weißfärben des Körpers – er wird dadurch ausdruckslos. Meine schamanischen oder hybriden Charaktere befinden sich ebenfalls in einem Transformationsprozess, ähnlich der Philosophie des Tanzes. Sie sind freie Körper, die sich keiner Norm unterordnen. Deshalb tauchen in meinen Arbeiten stets Masken und fiktive Figuren auf. Menschliche Tiere, tierische Menschen – schamanische Wesen, die keiner alleinigen Spezies zugeordnet werden können. Diese leere Menschenmenge definiere ich für mich auf diese Weise. Ich habe diese Charaktere mit KI-Technologie erschaffen, habe die KI mit einem meiner früheren Gemälde gefüttert, also mit einer fotografiebasierten Informationsquelle. Auf dieser Grundlage habe ich diese gesichtslosen Menschen generieren lassen. Ich habe mich bewusst für deren Identitätslosigkeit entschieden – und dennoch die Köpfe meines Partners und meines Vaters in die Szene integriert. Ich wollte, dass auch sie Teil dieser Transformation sind. Da sie mir nahestehen und zur Gruppe der Menschen gehören, die ich am leichtesten kritisieren kann, entschied ich mich für sie. Besonders die manchmal unbeabsichtigt patriarchalen Aussagen meines Vaters habe ich hier als persönliche Notiz in das Werk eingebaut – als Spiegelbild der Gesellschaft.“
In einer ehemaligen Räucherkammer, die man nur gebückt betreten kann, befindet sich ein Sitzplatz für eine Person – und ein Plattenspieler zur Selbstbedienung in dieser akustisch wie physisch relativen Abgeschiedenheit. 2021 produzierte Gökcen Dilek Acay ihre erste Schallplatte – in einer Auflage von 100 Unikaten, aus Farbresten gepresst. Fünf Stücke (5qm, Wander II, XYZ, This part of the World und Over here) sind zu hören, aufgenommen in einer kleinen Hütte in einem Schrebergarten in Weimar sowie Tonstudios in Leipzig und Dresden, gemastert in Berlin, gepresst in Leipzig, herausgegeben von EIGENHEIM Weimar/Berlin. Zehn Musiker*innen und Künstler*innen waren beteiligt. This part of the World vereint unterschiedliche Welten aus Improvisation, Noise, Hörspiel und Soundcollage mit einer Videoarbeit, die als QR-Code abrufbar ist: „Musik oder Sound spielen in meiner Arbeit eine wichtige Rolle. Neben musikalischen Formen wie Klangcollagen, Improvisationen und Hörbüchern produziere ich auch selbst Klänge in meinen Videoarbeiten. Klanginstallationen und Klangobjekte sind ebenfalls Teil meiner künstlerischen Praxis. Das Theatralische ist Teil meiner Arbeit und die Methode der Bearbeitung und der Hinwendung zu verschiedenen Wahrnehmungen ist eine Möglichkeit, ein Ganzes zu schaffen. Das können wir auch auf dieser Platte erleben. Es gibt zwei Geräuschimprovisationen, eine Klangcollage zu einem sehr persönlichen Thema und eine Impro-Session mit theatralischem Einschlag. Die Reise zwischen den musikalischen Genres wird auch hier mit Realität und Fiktion verdeutlicht. Mein Ziel ist es, Wege zu finden, die Extreme miteinander verbinden und sie zu einem sinnvollen Konzept zusammenfügen.“
Inmitten eines pinkfarbenen Ambientes erhebt sich eine raumfüllende, mannshohe, den Schein der Spontaneität, Improvisation und Veränderlichkeit bedienende, vielfarbige Stoffskulptur: „Während eines sechsmonatigen Aufenthalts 2023/24 im baden-württembergischen Baden-Baden faszinierten mich bestimmte Beobachtungen in der Kurstadt mit ihren Bädern und Thermalquellen und Erkundungen am Rande des Schwarzwalds. Ich begann, mit organischen Materialien und verschiedenen Pflanzenfärbetechniken zu experimentieren, um nuancierte Texturen auf Textilien zu schaffen – ähnlich einer Landschaftsansicht. Die Farben verändern im Laufe der Zeit ihre Tönung und lassen mich die Metapher der ‚Vergänglichkeit‘ betonen. Die Farben kombinierte ich mit organischen Materialien wie Zucker, um einen flüchtigen Moment einzufangen. Zuckerskulpturen oder mit Pflanzenfarben kolorierte Textilien sind einem ständigen Wandel unterworfen. Die Textilskulptur wird flankiert von einem vermeintlich historischen Bauschmuckelement mit Wassermuschel, die an einen Brunnen erinnert: „Die sich verändernden und verschwindenden architektonischen Werke in unserer Umgebung spiegeln den Verlust eines Erbes wider. Durch Urbanisierung, wirtschaftliche Veränderungen, Kriege und Naturkatastrophen gingen viele bedeutende Bauwerke verloren. Im Laufe der Geschichte haben Zivilisationen wie das Osmanische Reich, Byzanz, das Sultanat der Rum-Seldschuken und das Römische Reich ihre Spuren hinterlassen – doch heute existieren viele dieser Relikte nur noch in Archiven und unserer Erinnerung. Besonders im Zuge der Verstädterung führt der mangelnde Schutz historischer Bauwerke zum Verlust kultureller Identität. Viele hölzerne Herrenhäuser, historische Handelshöfe und Brunnen in Istanbul verschwanden aufgrund unzureichender Stadtplanung. Als Referenz an diese Erinnerungskultur wollte ich einen osmanischen Brunnen als quasi-historisches Bauwerk neu zum Leben erwecken. Doch anstatt ihn an seinem ursprünglichen Ort zu rekonstruieren, wurde er in einer völlig anderen kulturellen Umgebung Europas neu erschaffen. Ähnlich wie eine Identität suchende Person, die ihre Spuren verloren hat oder entwurzelt wurde, entstand er an einem neuen Ort – als hätte er seinen ursprünglichen Platz verlassen und versucht, sich neu zu definieren.“ In einer gegenüberliegenden Raumecke kündigt sich die fast schon obsessiv entstandene, aus 30 Tüchern bestehende Werkreihe Free Fall mit Menschen in Bewegung („Bewegungsmuster“) an – gefertigt in Shibori (oder Tie-Dye), einer japanischen manuellen Stofffärbetechnik, die eine Reihe verschiedener Muster auf Stoffen erzeugt. Shibori (絞り), von shiboru (絞る), „auspressen“ oder „auswringen“, ähnelt der als Batik bezeichneten Technik. Dort, wo ein Stoff mit Schnüren abgebunden wird, kann er keine Farbe aufnehmen. So entstehen dekorative und vielseitige Muster. Bei dem japanischen Shibori wird aber der Stoff nicht nur gebunden, sondern auch gewickelt, gefaltet, gepresst oder genäht. Mithilfe dieser Techniken erzielt man eine Vielfalt an Mustern. „Zunächst habe ich fallende Menschen mittels Shibori-Technik dargestellt, doch dann wollte ich einen bestimmten Moment einer Bewegung einfangen. Viele meiner Versuche waren Fehlschläge ... und einer, nämlich der hier zu sehende, unterschied sich ganz besonders: Die Farbe hielt sich nicht wirklich, alles grenzte an einen Fehlversuch, aber gerade dadurch erhielt das Werk eine dreidimensionale Qualität, die ich nicht weiterbearbeitete. Es entstand ein verschwindender Mensch – kaum sichtbar, aber doch in einer etwas anderen Form deutlich.“ In der zweiten ACC-Etage sind weitere 15 Ergebnisse zu sehen – alle Bewegungsmomente zusammen. Diese Art von Flaggen färbte Dilek mit Indigo und anderen pflanzlichen Farben.
Verschiedentlich tauchen in den letzten drei Jahren entstandene Textilarbeiten in der Ausstellung auf, darunter Stickereien und Patchwork. So unterschiedlich die Motive, so sehr eint sie, dass sie im Kern als Reaktion auf verschiedene Situationen entstanden – ein zu verarbeitendes Gefühl (wie Wut) oder ein Ereignis, das in der Welt passierte. Besonders Flaggen oder Banner kommunizieren sehr direkt. Sie sind grafisch und haben keine versteckte Bedeutung. Sie funktionieren genauso, wie eine Flagge funktionieren soll: klar und eindeutig. Man nimmt keine Flagge mit auf eine Demonstration, deren Bedeutung man erst lange entschlüsseln muss – sie soll als Protestsymbol wirken. Das Statement ist da und unmissverständlich. Es braucht nicht einmal zwingend Text. Selbst eine Fliegende Gurke kann eine Botschaft transportieren. Gerade aufgrund des gegenwärtigen Wahlkampfs lassen sich die auf Flaggen gebannten Begriffe wie Yes und No vielseitig interpretieren. Sie passen in jede Situation des Widerstands. Sämtliche Arbeiten sind, manchmal beabsichtigt nachlässig, per Hand genäht. Das Tuch ANGST IDEAL sollte ursprünglich auf der Straße zu finden sein, doch hat es mit den nackten Individuen von More than Human seine eigene Protestecke gefunden. Auch das gestickte Statement Leave the Majority könnte als passende verbale Antwort gegenüber den nackten Menschenmassen angesehen werden. The birds are not the same as they used to be spricht die Umweltproblematik an, Someone is there oder Same same same hingegen lassen durchaus Spekulationen zu. Das „doppelte Hemd“ symbolisiert unsere Dualität: „Menschliche Konflikte, Gut und Böse, Ja oder Nein … egal, was immer dir auf- oder einfällt – es gibt nicht nur eine Wahrheit in Dir. Alles ist in Dir. Du kannst alles sein. Warum gibt es keine graue Zone? Wir leben mit bestimmten Werten, doch oft scheint es, als müssten wir uns immer für das eine oder das andere entscheiden.
Im nächsten, in fleischfarben gehaltenen, Raum mit einem projizierten und einem Film auf einem Flatscreen, sucht die Künstlerin mit ihrer Arbeit Ichundichs (eine Zusammenarbeit mit Marcus Sternenbauer) nach einem anderen Ich – doch vor allem ist diese Inszenierung eine performative Darstellung: „Mir fehlte dieser theatralische Blick, die Möglichkeit, eine alternative Version von mir selbst zu erschaffen. Also habe ich mich mithilfe von KI geklont. Ich habe mich so „trainiert“, dass ich eine digitale Version von mir erzeugen konnte. Diese KI-generierte Dilek sieht mir zwar ähnlich, aber sie ist nicht ich. Ich habe eine Form von Kommunikation mittels Tanz geschaffen – denn durch Bewegung bist du frei. Im Bildschirmvideo kommentiert mein digitales KI-Ich drei echte Personen, die jeweils eine Maske tragen und verschiedene Identitäten verkörpern. Eine trägt eine traditionelle koreanische Maske, eine andere erinnert an eine Manga-Figur, und in der Mitte steht eine Person, die eine Orientalistin darstellt. Doch diese Charaktere versuchen nicht, sich einer realen Identität anzunähern – sie bleiben in ihrer performativen, stilisierten Welt. Die KI-Version meiner selbst stellt grundlegende Fragen: Warum bist du innerlich so leer? Verlierst du deine Weiblichkeit ohne Haare? Egal, wie du dich bewegst, du entkommst deinem Kreis nicht – immer wieder die gleiche Wiederholung, kein Schritt nach vorne ... Auch in der Eröffnungsperformance meiner Ausstellung ging es um meine verschiedenen Ichs – doch zugleich auch um das „Ich“ als soziales Wesen, um Nähe und Distanz. Deshalb habe ich eine metaphorische Darstellung gewählt: Zwei Performerinnen waren isoliert. Eine befand sich in einem Glaskubus, die andere ebenfalls hinter Glas unterm Fußboden. Die Figur unter dem Fußboden verkörperte einen lautlosen Schmerz, der Aufmerksamkeit fordert. Sie war nicht unsichtbar, auch wenn sie es zu sein versuchte. Fast wie in einem Zoo stand sie unter ständiger Beobachtung. Die andere Figur war wie eine Spiegelung von mir – ein Teil von mir selbst. Wir bewegten uns in parallelen Linien, als wären wir auf ewig miteinander verbunden. Diese Darstellung von Sub-Identitäten ist ein Versuch, mich selbst und meine Umgebung besser zu verstehen.
In einem engen, fleckig bunt bewandeten Gang sind u.a. vier Fotos aus der Porträtserie Persona zu sehen. Theatralisch wurden die Porträtierten auf eine andere Weise als der für sie typischen in Szene gesetzt. Die Abgebildeten sind teils Freunde und Verwandte der Künstlerin, teils Unbekannte – Subcharaktere, Alter Egos ... „Diese Körper sind bereit für Veränderung, eine neue Identität. Manga-ähnliche Masken tauchen in den Fotos auf, sie helfen den Körpern, einen neuen Weg einzuschlagen – und existieren nur, um neue Gesichter und Geschichten zu erschaffen. Doch welche Geschichten, das ist noch unklar ... Jeder Körper hat seine eigene innere Motivation, seinen eigenen Seinsdrang.“ 25 Keramikmasken in jenem 16 Meter langen tunnelartigen Gebilde verleihen diesem ungewöhnlichen Raum einen Hauch von Völkerkundemuseum.
Von der ersten in die zweite Galerieetage leiten acht während einer Künstlerresidenz in Japan entstandene, maschinengeknüpfte Wollwandteppiche, die unter dem Titel Daily Life eine Art visuelles Tagebuch bilden, mit dem die Künstlerin die Komplexität des Menschseins durch fantastische Charaktere und die sie umgebenden Themen zu erforschen suchte. „Ich ließ mich von meiner Kindheit, imaginären Reisen und aktuellen Ereignissen inspirieren, entwarf einen phantasmagorischen Trip durch menschliche Emotionen hin zu einer surrealen Erkundung des menschlichen Geistes. Mein Ziel war eine frische Interpretation des Zusammenspiels traditioneller Handwerkstechniken mit zeitgenössischer Kunst. Mithilfe von Stofffärbung, Kintsugi (einer traditionellen japanischen Reparaturmethode, ursprünglich für Porzellan und Keramik, bei der die Schäden betont werden, statt sie zu verstecken), traditioneller Stickerei und Teppichweberei vereinte ich in visueller und technischer Hinsicht das Alte mit dem Neuen.“ Ins Bild gesetzt wurden Tier-Mensch-Mischwesen, z.B. ein Polizist in gebückter Haltung (mit einem Riesenfrosch auf dem Rücken) bei der Spurensuche nach einem Attentat: Der am längsten amtierende Premierminister der japanischen Geschichte, Shinzō Abe, wurde am 8. Juli 2022 während einer Wahlkampfveranstaltung in der alten Kaiserstadt Nara zwei Tage vor der Oberhauswahl auf offener Straße angeschossen und dabei tödlich verletzt.
In einem kleinen gelben Zugangsraum zu den Ausstellungsräumen der zweiten Etage erwartet uns, vor einem Spiegel, ein maschinell geknüpfter Wollteppich namens Unruhe. Dieser Wandbehang hat viele symbolische Elemente, die sich auf das Bewusste, Unbewusste und Unterbewusste beziehen. Er zeigt eine Art Traumzustand und führt den Betrachter auf metaphorische Weise zum Kreislauf von Leben und Tod, zur Unausweichlichkeit und Ewigkeit des Todes: „Die weibliche Figur im Werk ist meine Mutter. Das Skelett hinter ihr symbolisiert den Tod. Die Frau hat Feuer an den leicht angehobenen Armen und eine Maske vorm Gesicht. In ihrer starren, unveränderlichen Haltung liegen gleichzeitig eine gewisse Hingabe und Gelassenheit, die auch als Haltung gegenüber den Schwierigkeiten des Lebens verstehen werden könnte – wie eine Waage im Gleichgewicht. Die Tatsache, dass der Tod direkt hinter ihr steht, drückt meine eigenen Ängste aus. Meine Mutter und mein Vater erscheinen oft als Protagonisten in meinen Werken, meine Mutter als weibliche Figur hier zum ersten Mal. Sie repräsentiert sowohl sich selbst als auch meine Sicht auf Frauen. Mit ihrer Körpersprache repräsentiert sie die stärkere Seite der weiblichen Identität in der Gesellschaft, ihr Gesicht ist allerdings – mit Blick auf die endlos scheinende Versklavung der Frauen in der Gesellschaft – verborgen.
Gegenüber hängt die kleine Arbeit Angst 1. In ihren Arbeiten verwendet Gökcen Dilek Acay oft Hunde- und Katzenhaare sowie Menschenhaar. Die Haare stammen von ihrer Katze Fussel, die ihr Alter Ego ist. Angst ist ein gemeinsames Gefühl. Durch die Katzenhaare wirken die Buchstaben wilder und ausdrucksstärker.
Links des Zugangs in einen in Bordeauxviolett gehaltenen Raum begrüßt uns ein Neonobjekt Angst 2: „Ich zeichne diese Art von Figur immer wieder. Monster nehmen in meinen Arbeiten eine dominante Rolle ein. Sie sind weder vollständig menschlich noch vollständig tierisch. Das Monster kann etwas sein, vor dem du Angst hast, das du aber dennoch kennenlernen möchtest – oder etwas scheinbar Normales und Vertrautes.
„Wenn ich Kunst produziere, versuche ich, dasselbe Konzept mit verschiedenen Produktionsmethoden zu realisieren. Die Werkserie Unruhe besteht sozusagen aus mehreren Teilen, um diesen Begriff greifbar zu machen. Im Trikolore-Triptychon-Video Atomliebe im ersten Stock sehen wir Momente, die auch in den sechs Cyanotypien zu Rechten auftauchen. Anschließend habe ich collagenartig zusätzlichen Text hinzugefügt. Für mich war es wichtig, dass die Bilder auch unter „stillen“ Bedingungen an einer Wand auftauchen, wo man sie in Ruhe betrachten kann. Der Blaudruck ist für mich ein Medium, das ich oft in meinen Arbeiten verwende. Diese Technik verleiht der Arbeit eine gewisse Klarheit, macht sie kühler und verbindet sie mit einer (un)ruhigen Welt.“
Die einzige mediale Arbeit im bordeauxvioletten Raum ist das zwölfminütige Dreikanalvideo AEON: „Während meiner Zeit in Asien hatte ich das Glück, mit Hilfe der Butoh-Künstlerin Emiko Agatsuma die Philosophie des Butoh-Tanzes und seine Beziehung zum zeitgenössischen Tanz zu untersuchen. In diesem Rahmen erarbeitete ich gemeinsam mit ihr eine Choreografie, die den traditionellen japanischen Butoh-Tanz mit den minimalistischen und geometrischen Formen des Bauhauses verbindet. Das Konzept des Butoh, mit einem ‚leeren Körper‘ zu beginnen und sich durch den Tanz zu verwandeln, inspirierte mich, Transformation mittels Choreografie darzustellen. Gemeinsam kombinierten Emiko und ich traditionelle und zeitgenössische Tanzbewegungen. Mein Ziel war es, unsere Verbindung zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu hinterfragen. Ich war versucht, eine neue Form zu schaffen, indem ich Zeit und Raum vereinfachte, in der Überzeugung, dass ‚das Alte weichen muss, damit etwas Neues entstehen kann.‘ Die revolutionären minimalistischen geometrischen und linearen Elemente, die in Oskar Schlemmers Ballett verwendet werden, halten unsere Perspektiven auf Vergangenheit und Zukunft offen.
Vier Finelinerzeichnungen auf handgeschöpftem Papier vermitteln Informationen darüber, wie die Atombombentests Menschen krankgemacht haben. In nächsten, nämlich dem schwarzen Raum sieht man in großes Stickbild, das eine Hand mit einem langen, schwarzen Nagel zeigt – ein Symbol der Hiroshimabombe. Körperliche Veränderungen infolge der Atombombenkatastrophe stehen in direktem Zusammenhang mit Schmerz und Tod.
Zwischen all den Free-Fall-Stoffen im bordeauxvioletten Raum hängt ein kleines Bild mit einer weiteren Monsterfigur, die jedoch keine bösen Absichten hegt: „Ein Charakter, der in unserer Realität ankommen möchte, aber in dieser grausamen Welt keine Chance zu überleben hat. Mit solchen Narrativen zeichne ich immer wieder diese Monstergesichter. Ich habe sie als Cyanotypie erstellt und anschließend mit Bleiche bearbeitet – dadurch ist jedes Werk (von denen nur eines ausgestellt ist) ein Unikat geworden.“
Drei Porzellantiere unter einer Glashaube sind mit Angsthase und seine Freundinnen betitelt: Es handelt sich um extrem kitschige gefundene Objekte, die teils zerstört waren und die die Künstlerin unter Zuhilfenahme gefälschter Kintsugi-Technik nachgebildet und in absurder Form erneut zusammengeführt hat.
Auf der Wand mit querbeet gehangenen kleineren Formaten befindet sich ein Fotoabzug aus der Serie Persona. Es handelt sich um ein Porträt, das durch den experimentellen Einsatz von Chemikalien beschädigt wurde. Dabei entsteht das Bild eines Mannes, der im grauen Feld fast zu verschwinden scheint.
Drei Bilder auf derselben Wand sind mit Stickereien versehen: „Ich habe die Methode der Stickerei in meinen Arbeiten sehr oft verwendet. Mittlerweile ist sie zu meiner Hauptmethode geworden. Die Produktion dieser Werke ist sehr aufwändig, doch für mich hat sich dieser Aufwand in eine meditative Praxis verwandelt. Aufgrund dieser intensiven Auseinandersetzung habe ich in den Jahren 2020–2021 ausschließlich Stickbilder produziert.“
Don’t Kiss the Frog, eine weitere Mischtechnik aus unterschiedlichen Stickarten, ist ein sehr plakativer Ausdruck, „aber dieses Mal wollte ich etwas direkt und unmissverständlich sagen. Es erinnert an die Protestflaggen, die ich bereits produziert habe – manchmal braucht es keine doppeldeutigen Aussagen. Es ist ein experimentelles Werk, in dem ich verschiedene Techniken kombiniert habe, die ich zuvor noch nicht ausprobiert hatte. Während ich diese Technik verwende, strebe ich nach einer klaren handwerklichen Perfektion. Dieses Werk ist eines dieser Experimente.“
Interview mit Gökcen Dilek Acay:
ACC Zuletzt hatten wir 2022 miteinander zu tun, als im Rahmen der Weimarer Kunstfestausstellung über Thüringer Verführungen Deine Idee, eine Gruppe Schmalkaldener Förster in einem umliegenden Waldrevier mit 300 Schuss Munition das Wort Heimatliebe in eine riesige Holzplatte schießen zu lassen, jäh scheiterte. Angeblich wurde die nötige Munition auf Anordnung in die Ukraine geliefert. Was bedeuten Dir als gebürtige Istanbulerin Thüringen und Weimar? Sind sie eine zweite Heimat geworden oder waren nur Wohnort zum Studieren und Arbeiten, Mittel zum Zweck?
GDA Ich weiß, wir haben uns damals von dieser Idee verabschiedet. Zuviel Bürokratie ... Ich kam 2006 nach Weimar und habe seitdem immer zwischen zwei Ländern gelebt ... Dabei war die Rückkehr nach Deutschland für mich immer schwierig. Die Gastarbeiter bezeichnen Deutschland als „bittere Heimat“ (acı vatan). Aber mein Leben geht hier weiter. Ich habe keinen Ort in Istanbul, an dem ich mich wirklich wohlfühle. Ich gehöre nirgendwohin, und kein Ort ist für mich eine wahre Heimat. Mit diesem Gefühl der Entfremdung lebte und arbeitete ich 15 Jahre in einem kleinen Weimarer Zimmer, meinem Rückzugsort. Egal, wo ich bin, ich brauche ein Zimmer, in dem ich mich wohlfühlen kann. Außerdem liebe ich die deutsche Sprache, auch deswegen geht mir Deutschland nahe.
ACC Dennoch werden Deine türkische Heimat, Dein Elternhaus, Großmütter und Großväter, Dich ja irgendwie geprägt haben – obwohl Deine Mutter jüngst meinte, Du hättest ohne jegliche Unterstützung anderer alles aus eigener Kraft geschafft. Ich denke aber an die traditionellen Handwerkstechniken wie das Weben oder Sticken, die es Dir angetan haben, wenngleich Du oft auf unkonventionelle motivische Lösungen kommst: War die Arbeit mit den Händen für Dich seit früher Kindheit von großer Bedeutung?
GDA Meine Großeltern mussten ihr Dorf in Bulgarien verlassen, haben sich in der Türkei alles neu aufgebaut. Sie hatten nie Geld, alles wurde selbst erwirtschaftet. Meine Mutter und meine Oma sind Künstlerinnen, auch wenn sie das nie wussten. Sie haben alles mit der Hand repariert, Patchwork gemacht, gestickt, gehäkelt und selbst Klamotten genäht … Ich habe das gehasst, für mich war das Hausfrauenkram. Ich wollte nicht wie sie werden. Und doch – warum auch immer – hatte ich irgendwann nichts anderes als einen Nagel und einen Faden und habe damit etwas gemacht. So begannen meine Textilarbeiten, aus der Not geboren – 2010 während einer Künstlerresidenz in China.
ACC In einer Fotoreihe porträtierst Du auch Deine Verwandten, Menschen, die Dir nahestehen. Warum tust Du das und weswegen wandelst Du ihr Erscheinungsbild?
GDA Auf jenen Fotos sind mein Vater, mein Partner, meine engen Freunde abgelichtet. Oft habe ich meine Eltern fotografiert. Früher habe ich mich selbst in Szene gesetzt, Selbstporträts gemacht. Irgendwie geriet ich damit aber in einen Teufelskreis und so begann ich, Fotos von Menschen, die ich sympathisch fand, in theatralischem Ambiente zu machen, in dem sie sich selbst nicht befinden. Ich sehe das als ein Spiel, einen Kontrollimpuls … Die Menschen, die dir am nächsten sind, prägen dich natürlich, und du sie auch.
ACC Gibt es auch Künstler*innen, die Dich entscheidend prägten oder gar Deine Entscheidung mitverursachten, bildende Künstlerin zu werden?
GDA An der Spitze stehen für mich Cindy Sherman und Meredith Monk. Diese Frauen inspirierten mich auf meinem Weg, beeinflussten mich, das zu tun, was ich jetzt mache. Man sieht vielleicht stilistische Ähnlichkeiten zu Cindy Sherman. Ich war 20, als ich ihre Bilder zum ersten Mal sah und dachte: „Genau so!“ Meredith Monk ist eine andere Geschichte. Ich kann meine Bewunderung für sie kaum in Worte fassen. Sie ist eine Königin, wenn es um vokale Ausdrucksformen geht. Ich habe so viel von ihr gelernt. Sie ist mein Idol.
Und hast Du noch andere künstlerische Vorbilder?
GDA Roger Ballen, David Lynch, Pina Bausch, Robert Wilson. Und aus der Türkei Füreya Koral, Alev Ebüzziya Siesbye, İnci Eviner und Nil Yalter.
ACC Dann frage ich doch gleich noch generell: Welches Buch, welchen Film, welches Musikstück möchtest Du unter gar keinen Umständen auf dieser Welt missen?
GDA Ich bin ein Haruki-Murakami-Fan. Ohne seine Geschichten wäre das Leben langweilig. Und ich bin ein Film-Junkie, schaue unglaublich viele Filme, kann von daher nur die aktuellsten nennen, die mich beeindruckt haben: The Substance von Coralie Fargeat und Midsommar von Ari Aster, Uçurtmayı Vurmasınlar (Don’t Let Them Shoot the Kite) von Tunç Başaran und natürlich alle Filme von David Lynch – immer wieder. Das iranische Kino und seine Philosophie bedeuten mir viel. Ein Stück von Robert Wilson, Einstein on the Beach, war absolut beeindruckend, eine Produktion, die man nie vergisst.
Mit Wilson hast Du ja sogar gearbeitet. Die Antwort auf meine Musikfrage hast Du gerade weggelassen, obwohl Du ja aus der Musik kommst und zur Fortsetzung Deines Violinstudiums nach Weimar kamst: Wärest Du Violinistin geblieben, könntest Du ja jetzt Max Bruchs Violinkonzert spielen, oder? War es für Dich der richtige Schritt, die ernsten musikalischen Pfade zu verlassen?
GDA Ich hätte noch drei bis vier Jahre intensiven Übens gebraucht, um den Bruch zu schaffen, zumindest den ersten Teil zu meistern. Aber ich wäre nicht glücklich geworden, wenn ich nur Geige gespielt hätte. Ich war sehr streng mit mir selbst und fand, dass ich nicht gut genug war. Die Geige hat jedoch mein Leben gerettet. Durch sie habe ich Disziplin und Struktur erlernen können. Da ich von Natur aus ein chaotischer Mensch bin, half mir das enorm. Trotzdem bin ich froh, dass ich einen anderen Weg eingeschlagen habe.
ACC Zu oszillieren zwischen streng produktivem Schaffensregime und lockerem Sich-Ausprobieren, etwas versuchen, So-tun-als-ob, und dabei die Balance zu halten, stelle ich mir nicht ganz einfach vor. Wie wichtig ist für Dich der offene Prozess des Pfriemelns, Bastelns, Laborierens und Experimentierens? Bist Du ein homo ludens, ein spielender Mensch, der die Elemente einer Situation so verändert, dass Neues, Unbekanntes entsteht?
GDA Ich glaube, ich bin zu ungeduldig, um etwas so bleiben zu lassen, wie es ist. Alles muss zu etwas anderem werden können, damit diese alternative Realität mir die Kraft gibt, weiterzuleben. Das gilt allerdings nicht für Tiere und die Natur. Die sind perfekt erschaffen. Sie zu beobachten ist, als würde man einem Genie bei der Arbeit zusehen. Dieses Bedürfnis, nach einer Alternative zu suchen, hat mich in experimentelle Prozesse geführt. Alles begann mit der Geige. Nach einer Weile konnte ich die Stücke, die ich spielte, nicht mehr ertragen, und flüchtete mich in Werke aus der Neuen Moderne. Die für Geige geschriebenen Sonaten von Bartók, Hindemith und den Türkischen Fünf (Cemal Reşit Rey, Ulvi Cemal Erkin, Ferid Alnar, Ahmed Adnan Saygun und Necil Kâzım Akses) waren mein Ausweg. Diese musikalische Tiefe brachte mir eine alternative Sichtweise auf die Aufführung klassischer Musik. So verliebte ich mich aufs Neue in die Geige. Um etwas zu dekonstruieren, musst du es gut kennen. Das gelingt mir nur, wenn ich Geige spiele. Meine anderen Experimente sind inkonsequent, erfolglos und gefährlich. Aber ich habe gelernt, auch diese Ergebnisse zu schätzen.
ACC Das sehe ich anders. Aber Du erwähntest die Natur und die Tiere, als hättest Du ein besonderes Verhältnis zu ihnen. Was suchst Du in der Tierwelt und der Natur? Das Archaische, was Du beim Menschen nicht findest? Was können wir von der Tierwelt und der Natur lernen?
GDA Ich liebe Natur und Tiere, aber wenn Du mir ein Foto von einer Pflanze, einem Baum oder einem Tier zeigst, habe ich keine Ahnung, was es ist. Wenn ich im Wald bin, habe ich Angst. Ich stelle mir sofort vor, wie ich in der Natur zugrunde gehe, gefressen werde oder verhungere. Ich bin in der freien Natur nicht überlebensfähig und glaube, ich bin nicht die Einzige, der es so geht. Das zeigt, dass wir eine unsichtbare Grenze zwischen uns und der Natur aufgebaut haben. Genau deshalb wollte ich die Ausstellung so nennen, wie sie heißt: Es ist ein seltener Akt, des Käfers Bauch zu kitzeln, ohne zu wissen, wie es sich anfühlt. Eine Übung in Empathie. Mit dieser Erfahrung fühlt man sich dem Käfer vielleicht näher. Ich komme aus einer Betonmetropole, kann mich der Natur nur als Romantikerin nähern, sie bewundern. Ich möchte mich der Natur gegenüber nicht so fremd fühlen, sondern alles besser verstehen.
ACC Sind Deine Bilder verschwundener Pflanzen in Thüringen Teil dieser Sehnsucht?
GDA Wir sehen da einen Blumenstrauß aus Pflanzen, die nur in Thüringen verschwunden sind oder auf der Roten Liste stehen. Diese Arten leben anderswo weiter. Es gibt alle zehn Jahre neue Studien, deren Ergebnisse sich verbessern oder verschlechtern können. Für mich repräsentiert die Pflanze Zusammenleben und Vielfalt, eine Harmonie, in der so viele unterschiedliche Arten zusammenwachsen und atmen können.
ACC In Thüringen hast Du den Bärenanteil Deines Künstlerdaseins verbracht, doch zieht es Dich immer wieder nach Asien – mit denselben Themen? Was können wir in Europa von Asien lernen, was ist dort anders? Was war Deine bisher eindrücklichste asiatische Erfahrung?
GDA Ich war in Japan, China und Korea, allerdings nicht als Urlauberin. Jeder dieser zwei- bis dreimonatigen Aufenthalte lieferte eine Chance, die Welt besser zu verstehen. Ich fand dort so etwas wie Geschwister. Ich mag alte japanische und chinesische Geschichten und liebe traditionelle koreanische Musik, besonders wie sie heute auf moderne Art gespielt wird. Auch das Essen und die traditionellen Handwerkstechniken faszinieren mich. Ich könnte mir vorstellen, für lange Zeit dort zu leben und die Sprache besser zu lernen. In Korea war ich in einem Tempel. Dort, im Wald, habe ich mir selbst eine Karte geschrieben, die mich ein Jahr später postalisch erreichte. Darauf wünschte ich mir, langsamer und ruhiger zu werden.
ACC Von asiatischen Architekturen und Bauformen lässt Du Dich offenbar ebenfalls inspirieren. In der Ausstellung gezeigte Ornamente hast Du aus China mitgebracht. Sie stammen von verfallenen Gebäuden, um die sich niemand kümmert. Was reizt Dich generell am Ornament?
GDA Es stimmt, genauso wie ich Menschen beobachte, beobachte ich auch Gebäude – alte wie neue, ob in Asien oder anderswo. Es fasziniert mich, wie sich die Menschen derlei architektonische Verzierungen und nicht selten auch Kitsch erdacht haben. Es sind Symbole von Reichtum, Macht oder Status – eine Art Erkennungsmerkmal. In Pera nördlich des Goldenen Horns und der Altstadt von Istanbul gab man den Handels- und Apartmenthäusern sogar Namen. Manche Gebäude sind mit Wandkeramiken oder Mosaiken verziert, ähnlich der gestalterischen Spielereien in den Berliner U-Bahnhöfen. Ornamente und Wandkeramiken sind typische Merkmale bestimmter Epochen und stellen eine architektonische Signatur dar, die mit der Zeit oft verschwindet. Seit Jahren möchte ich die Ornamente der Tierköpfe vom Weimarer Schlachthofgebäude stehlen, um sie als zeitgeistliche Symbole zu bewahren. Bestimmte Muster, Geometrien und kulturelle Motive sind ein Teil von uns. Ohne diese Merkmale können wir unsere Geschichte nicht fortschreiben, uns nicht identifizieren. Viele sehen diese Schönheiten nicht oder finden sie uninteressant. Die Räumlichkeiten um dich herum verändern deine Persönlichkeit, Gedanken, Gefühle. Die Architektur um uns herum ist Teil unseres Menschseins.
ACC Neben der Ideen- und Formenvielfalt Deines Werkbestands verwendest Du nicht selten unterschiedlichste und ungewöhnliche Materialien: Warum betreibst Du einen derartigen Aufwand? Und warum ist z.B. das Material Zucker für Dich so interessant?
GDA Weil unterschiedliche Ideen und Konzepte auch unterschiedliche, jeweils passende Medien benötigen. Ich bin sehr neugierig, wenn es um Materialien geht. Neue Materialien bringen neue Erfahrungen – genau wie mein aktueller Zustand mit dem Arm.
ACC Zu dem wir gleich noch kommen ...
GDA Zurück zum Zucker: Ich war auf der Suche nach einem Material, das ich formen kann. Ein Material, das keinen Wert hat, weil es schmilzt. Man kann ein Zuckerobjekt nicht auf ewig in seiner Form bewahren. Ich begann 2024 damit, verschiedene Formen zu bauen und in Zucker zu gießen, in Baden-Baden, einer kleinen, hübschen Stadt wie Weimar. Alles bleibt dort über Jahre hinweg im gleichen Zustand. Irgendwie hat mich das berührt. Ich komme aus Istanbul, einer alten Stadt, die nie gepflegt wird. Niemand kümmert sich um die Geschichte. Die Hagia Sophia, die Blaue Moschee – all die Standards werden natürlich gepflegt, aber auch andere Kulturorte hätten Wertschätzung verdient: Ein altes Restaurant wie das Saray Muhallebicisi, ein Café wie das Markiz Pastanesi, eine Konditorei wie die İnci Patisserie, ein Kino wie das Emek, ein Treffpunkt für Künstler*innen und Intellektuelle wie Narmanlı Han, ein Opern- und Ballettzentrum wie das Atatürk-Kulturzentrum, ein Park wie Gezi – die Politiker*innen interessiert nicht, dass diese Orte Teil der Geschichte, des Kulturerbes sind. Diese beiden Kontraste möchte ich zusammenbringen, wenn ich Zucker als Material wähle.
ACC Du hattest vor Kurzem bei einem Unfall während des Zuckergießens Glück im Unglück, Verbrennungen zweiten Grades, Krankenhausbesuch. Du sagst, Du hast zu viele Dinge auf einmal machen wollen, solltest ruhiger, besonnener werden, wie Du es Dir im japanischen Tempel wünschtest, nicht so hektisch. Kann eine solch äußerst schmerzliche Verletzung Dir – als Signal – dabei helfen?
GDA Dieser Unfall mag klein erscheinen, hätte aber viel schlimmer ausgehen können. Am Tag des Unfalls habe ich mir gesagt: „Ich möchte ein neues Gesicht haben.“ Grund dafür war, dass die bislang KI-generierten Versionen von mir viel schöner waren als ich selbst, obwohl sie mir sehr ähnlich sahen. Am Ende brauchte ich kein neues Gesicht, aber an einer anderen Stelle meines Körpers, dem Unterarm, war eine Hauttransplantation nötig. Dieses Ereignis passt eigentlich sehr gut zum Weltschmerz, den ich in mir trage, den ich verändern, zur Ruhe bringen, verlangsamen will. Wir können die Politik, die uns in ihrem Kreislauf zu Ohnmächtigen macht, nicht dauerhaft mittragen. Sie macht uns krank. Diese heteronormativen Männergruppen, die uns ihre Regeln diktieren wollen, kann man langfristig nicht ertragen. Eine Hauttransplantation hat mir in gewisser Weise gutgetan. Metaphorisch gesehen ist diese neue Haut wie ein Neuanfang, Ab jetzt kann alles nur noch besser werden.
ACC Das klingt, also ob Du einen bestimmten Teil der Menschen hasst?
GDA Nein, ich hasse keine bestimmten Personen. Ich hasse die Werte, die die Menschheit sich selbst zwanghaft vermitteln möchte und sich dabei immer ins Zentrum stellt. Ich hasse ihren Egoismus, ihre Machtpositionen, Arroganz und Ignoranz.
ACC Das Umstülpen der Verhältnisse, Betrachten von der anderen Seite des Mikroskops, die Verwandlung, das Rollenspiel und Aufgebühnte könnte für uns alle – so mein Gefühl – nicht selten hilfreich sein. Du praktizierst es in Deiner Kunst an Dir selbst. Warum sind Metamorphosen so wichtig für Dich? Wofür stehen sie in Deinen Arbeiten?
GDA Ähnlich wie Cindy Sherman als Darstellerin vieler Ichs beschäftige ich mich mit dem Ich-Phänomen. Ich möchte alles in etwas Anderes verwandeln, das Potenzial einer Person oder Materie erkennen, alles von seiner ursprünglichen Funktion lösen oder umfunktionieren, um zu sehen, wie es sich in einem anderen Kontext anfühlt. Unser Hauptproblem ist, dass wir stets nach einer Version unseres Ichs suchen, die eigentlich keine wahre Version ist. Eine wahre Optimierung kann nur beginnen, wenn man sich in einen Zustand der Leere versetzt. Das japanische Butoh, ein Tanztheater ohne Form, sagt genau das: Wenn du etwas Anderes sein willst, musst du dich wie eine leere Hülle fühlen.
ACC Also warum suchst Du in Deiner Arbeit Ichundichs (Eine Zusammenarbeit mit Marcus Sternenbauer) nach einem anderen Ich?
GDA Dies ist in erster Linie eine performative Darstellung. Sie entstand, weil mir dieser theatralische Blick fehlte, die Möglichkeit, ein anderes Ich zu kreieren. Ich habe auch ein anderes Ich mit KI geklont. Wir hatten mich dafür so „trainiert“, dass ich ein anderes Ich zu schaffen imstande wahr. Diese KI-generierte Dilek ist fast wie ich, aber ist nicht ich. Im Video sollte diese andere, KI-generierte Version Dileks die anderen drei Versionen mener selbst kommentieren. Es ist verwirrend, es ist theatralisch und befasst sich einer alltäglichen Frage: Wer bin ich heute? Fragt man sich so etwas?
ACC Und geht es in Deiner Ausstellungseröffnungsperformance auch um Deine verschiedenen Ichs?
GDA Eher nicht. Es geht um uns Menschen als soziale Wesen, stets miteinander im Kontakt, verbunden. Deshalb erscheint mir eine metaphorische Darstellung im Rahmen der Eröffnungsperformance passend: Ich isoliere zwei Personen aus dem Raum. Eine der Performerinnen befindet sich in einem Glaskubus, die andere unterm Fußboden. Beide sind Teil eines Dialogs, aber sie können sich nicht berühren. Diese Situation wirft Fragen über die Wahrnehmung von Nähe und Distanz auf.
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Außenfassade ACC Galerie Weimar -
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Gökcen Dilek Acay: "Persona", 2024 -
Gökcen Dilek Acay: "Persona", 2024 -
Gökcen Dilek Acay: "Persona", 2024 -
Gökcen Dilek Acay: "Daily Life", 2022-2024 -
Gökcen Dilek Acay: "Daily Life", 2022-2024 -
Gökcen Dilek Acay: "Daily Life", 2022-2024 -
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Gökcen Dilek Acay: "Daily Life", 2022-2024 und "Unruhe", 2022 -
Gökcen Dilek Acay: "Angst 1", 2022 (Linke Wand) und "Unruhe", 2022 (Frontal) -
Gökcen Dilek Acay: "Angst 2", 2022 und "Angst 1", 2022 -
Gökcen Dilek Acay: "Free Fall", 2023/2024 -
Gökcen Dilek Acay: "Free Fall", 2023/2024 und "Unruhe", 2023 -
Gökcen Dilek Acay: "AEON", 2020 und "Ohne Titel", 2022 -
Gökcen Dilek Acay- Obere Reihe: "Ohne Titel" (2022), "Don't kiss the frog" (2021), "Ikonen im Schatten" (2021), "Ohne Titel" (2021). Untere Reihe: "Ohne Titel" (2022), "Ikonen im Schatten" (2021), "Daily Life" (2023), "Ikonen im Schatten" (2021) -
Gökcen Dilek Acay: "Fliegende Gurke", 2023 und "Someone in there", 2023 und "Same, same, same", 2023 (Linke Ecke) -
Gökcen Dilek Acay: "Angsthase und seine Freundinnen", 2022-2024