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  • Galerie und Kulturzentrum in Weimar
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Künstler*innen

Tymek Borowski

PL

Lesedauer etwa 2:24 Minuten

Tymek Borowski ist einer der jüngsten Künstler Polens, der der „Tired of Reality“-Strömung angehört. Der Begriff vereint jene, in den 1980er Jahren geborenen polnischen Künstler, die sich vom Realismus in ihrer Kunst abwendeten und sich, ausgestattet mit einer regen Fantasie und Vorstellungskraft dem „neuen Surrealismus“ verschrieben. Auf der Flucht vor der Wirklichkeit, fernab tiefgründiger Deutungen und überphilosophischer Interpretationsformen, schafft Borowski seine eigene, autonome bunte Gedankenwelt, deren Landschaften in Malerei, auf Leinwand, in Farbe, Skulpturen und bewegten Bildern dokumentiert werden. Seine surreale Malerei ist demonstrativ, „für nichts“, „absurd“ und „nutzlos“ – und genauso ein gut durchdachtes künstlerisches Statement, dass sich von den oft egozentrierten Werken seiner Malerkollegen distanziert. In der Ausstellung ist er mit einem Gemälde, zwei Videos und drei Schautafeln vertreten. Die Arbeiten verkörpern, wie die Titel „How Art Works" (2012) (2012) erahnen lassen, visualisierte Guidelines, Schaubilder und Analysen alltäglicher wie kunstspezifischer Sachverhalte und eröffnen so Einblicke in Borowskis Gedankenwelt. So lässt das Gemälde "How Art Works" verlautbaren, welche Art von Kunstpraxis der ambitionierte Kunstschaffende sich anzueignen habe, um von Kritikern, Liebhabern und der Kunstwelt bemerkt, anerkannt und bewundert zu werden. Borowski fügt den niedergeschriebenen Tipps Illustrationen bei: Mit einem Hakenkreuz im Bild kann sich ein Künstler als unabhängig und stark beweisen. Sich wiederholende, komplizierte Formen zeigen an, dass der Autor hart arbeiten und geduldig ist. Selbstironisch zeigt Borowski eine Reihe von Miniaturabbildungen seiner eigenen Arbeiten und erläutert, ein eigener Stil ließe den Künstler unumstößlich und selbstsicher erscheinen. Die gleichnamige Videoarbeit entstand gemeinsam mit Pawel Sysiak, mit dem Borowski seit dem gemeinsamen Malereistudium in Warschau mehrfach kollaborierte. In dem comicartigen, animierten Video erklärt das Duo noch einmal in Form eines augenzwinkernden Lehrfilms, "How Art Works", wie die Kunst funktioniert. So wird die Figur des Künstlers, eine Zeichenmappe mit der Aufschrift „Liebe mich, ich bin wunderbar“ unter dem Arm, in das Zirkuszelt "Art World" (Kunstwelt) gelockt - mit dem Versprechen, geliebt, verehrt und beachtet zu werden.
Die drei großformatigen Poster mit den Untertiteln wie „Tue etwas Dummes“, „Gehe in die richtige Richtung aber immer durch spannende Bereiche“ und „Behandle dein Gehirn wie ein Neugeborenes“ sind dagegen keine Anleitung für Künstler, sondern für den Otto-Normalverbraucher und sprechen, die Ratgeberkultur heutiger TV-Magazine und Zeitschriften ein ums andere Mal parodierend, für ihre Konsumenten leicht umsetzbare Empfehlungen aus, um schlichtweg besser zu leben. Diese, an Mind-Maps oder Flipcharts erinnernde Schaubilder der „How To Live Better“-Serie lassen durch Text, Zeichnung, Fotografie, Pfeilobjekte und andere visuelle Fondants beispielsweise ein Strichmännchen,
nämlich den Betrachter selbst ("You") und den Weg zur anderen Seite des Banners, etikettiert mit „Your Goal“ („dein Ziel“), antreten. Gewählt werden muss hier, wozu beispielsweise das Trend-Magazin NEON nahezu in jeder Ausgabe einlädt, zwischen zwei möglichen Wegen: Dem „Unwegsamen“, gespickt mit Mienen und Stacheldraht auf dem zu allem Übel auch noch ein lechzend-knurrender Hund wartet, oder dem „Umweg“ der unter tropischen Sonnenstrahlen, einen mit Palmen gesäumten Strand entlangführt – und Cocktails, Longdrinks und „Nice Ladies“ (Nette Damen) verspricht. Der sonst gern mit erhobenem Zeigefinger formulierte Rat "Der kürzeste Weg ist meist der schwierigste wird hier von Borowski, dem Träumer, ironischschmunzelnd aufgezeigt. In dem geloopten Video „Determination?“ wird der Betrachter Zeuge der Vergeblichkeit des fest entschlossenen Protagonisten, der versucht, ein offensichtlich unpassendes quadratisches Holzstück in eine dreieckige Form zu pressen. Beharrlich, geduldig, unaufhörlich, tot ernst. Unvereinbar scheinen Ehrgeiz und Sinnlosigkeit eines zum Scheitern verurteilten Unterfangens, dass seinem Beobachter ein allenfalls mitleidiges Lächeln entlockt. Ertragbar wird das Versagen, Scheitern, Misslingen durch eine Portion Humor, denn, um es mit Otto Julius Bierbaum (1865 -1910) zu sagen: Humor ist eben, wenn man trotzdem lacht.

Bild: https://culture.pl/pl/tworca/tymoteusz-borowski

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