Faustische Landnahmen: Goethe, der Bauernkrieg und Wir

Vor genau 500 Jahren, im Frühling 1525, erhoben sich auch in Thüringen zehntausende Bauern, um gegen Entrechtung, Frondienste und Drangsalierungen der Obrigkeit zu protestieren. Ein zentraler Punkt dabei war die schleichende Einhegung der Allmenden, also der Wiesen und Äcker, die von allen gemeinsam genutzt werden konnten. Bekanntermaßen war der Bauernaufstand nicht erfolgreich; am 15. Mai 1525 wurde das Bauernheer in Bad Frankenhausen vernichtend geschlagen, und auch in allen anderen Regionen unterlagen die Aufständischen.

Aber was hat Goethe damit zu tun?
Das Faust-Jahr 2025 eröffnet einen überraschenden, bei der Planung vermutlich gar nicht intendierten Zugang: Am Ende der zweiten Teils wird Faust zum (früh-)kapitalistischen Unternehmer, er macht neues Land urbar und vertreibt mit Philemon und Baucis angestammte Bewohner, die seinem Expansionsdrang im Wege stehen. Auch wenn Goethe dabei sehr wahrscheinlich nicht an den Bauernkrieg dachte, sind die inhaltlichen Parallelen offensichtlich.

Und was haben wir damit zu tun?
Auch heute ist in vielen Teilen der Welt die Vertreibung kleiner Bauern an der Tagesordnung, und wir sind durch unsere „imperiale Lebensweise“ (Stichwort: Soja-Anbau in Südamerika als Grundlage unserer Fleischwirtschaft) daran maßgeblich beteiligt. Ganz abgesehen davon, dass aktuell auch hier bei uns Landnahmen in großem Stil im Gange sind: Große Unternehmen wie die ALDI-Holding oder eine Mitsubishi-Tochter kaufen Agrarflächen auf, einheimische Landwirte haben das Nachsehen.

Über diese Themen wollen wir am 6. Mai mit kompetenten Gästen – und mit Ihnen – ins Gespräch kommen. 

Dr. Friederike Habermann vom Bündnis „500 Jahre Widerstand“ - Friederike Habermann ist Historikerin, Aktivistin und Mitglied des Commons-Instituts. Zu ihren Schwerpunkten zählen Praktiken solidarischen Wirtschaftens und Fragen der Gemeinwohl-Ökonomie sowie der Commons. In diesem Kontext arbeitet sie aktuell auch zum Bauernkrieg.

Der Faust-Experte Dr. Michael Jaeger – Michael Jaeger ist Privatdozent für Deutsche Philologie an der Freien Universität Berlin und beschäftigt seit vielen Jahren mit Goethes Faust. In seinem aktuellen Buch „Goethes Faust – das Drama der Moderne“ zeigt er auf, wie Goethe mit dem Faust die Transformation vom „alten Europa“ zu Industriezeitalter spiegelt.

Dr. Dirk Schuck vom Sonderforschungsbereich „Strukturwandel des Eigentums“ - Der im Januar 2025 gestartete Sonderforschungsbereich beschäftigt sich in vielen Teil-Themen mit der Frage, welche Eigentumsformen und Eigentumsvorstellungen historisch und aktuell existier(t)en, wie diese sich aktuell verändern und welche Folgen das hat.

Die Veranstaltung ist ein Gemeinschaftsprojekt des Heimatbund Thüringen, der ACC Galerie und der Frankenhäuser Festspiele. Die Teilnahme ist kostenlos.Anmeldung erbeten unter Hans-Peter.Schmit@Heimatbund-Thueringen.de
Eintritt frei!