zum Inhalt
  • Galerie und Kulturzentrum in Weimar
  • So–Do 12–18, Fr–Sa 12–20
  • +49 3643 851261

Veranstaltungen

Ivan Komárek, Richard Konvicka und Vít Vejrazka (CZ)

So., 01.03.1992–Di., 31.03.1992

Richard Konvička: N.Y.C., Dotyk – The Touch, und Vít Vejražka: Pochybnosti – Zweifel

Lesedauer etwa 2:05 Minuten

Anfang der 1990er besaß Prag eine der lebendigsten Kunstszenen des ehemaligen Ostblocks
– seit Mitte der 1980er hatte sie sich zusehends belebt. Dafür sorgten die «Nová skupina»
(Neue Gruppe), die freie Vereinigung «12 / 15 Pozde, ale prece» (12 Uhr 15 – spät, aber doch), später dann «Tvrdohlavi» (Die Hartnäckigen) oder «Pilky» (Die Sägen). Außerhalb solcher Kunstgemeinschaften traten – neben anderen – drei junge Künstler in den Vordergrund und Nach Mitternacht im ACC in Erscheinung, deren schrille, symbolträchtige Schöpfungen den Betrachter mit plakativer Wucht überfi elen. Vít Vejrazkas Referenzen zu verschiedenen Epochen mitteleuropäischer und tschechischer Kunst wie auch zu philosophischen Ebenen waren ebenso wenig untypisch für sein Werk wie das Licht, das er eher im geistigen, keineswegs rein bildkünstlerischen Sinne einsetzte und so an die hochbarocke Malerei anknüpfte. Manchmal wirkten die Lichtstrahlen nahezu mystisch, als stellten sie die Verbindung zum Leben nach dem Tode dar.
Ein Bezug zum Symbolismus und den visionären, okkultischen Perspektiven Josef Váchals
waren unverkennbar. Disharmonische Farbkontraste und versteckte Anspielungen auf Thematiken
wie die Empfängnis, die pränatale Zeit oder das Geheimnis der Existenz – wie in Die Frau
formt den Garten des männlichen Herzens, um in ihm die Blumen der Liebe einzupflanzen  (1990) –, die sich in einfachen Symbolismen enthüllten, waren seiner Bildsprache eigen.
Sie suchte das Vermächtnis künstlerischer Traditionen mit einem urwüchsigen Fühlen und
Begreifen der Natur zu verbinden, um die Kraft der ursprünglichen Empfi ndung künstlerisch
zu bewahren. Auf den Flügeln des Schicksals (1990) flogen zwei gigantische Köpfe, denen
eher Angst vorm Absturz als Freude am Schweben in den Augen stand. Aus Skizzen und Notizen
wurden bei Ivan Komárek, der bei Jan Bauch Zeichnen und Jan Smetana Malerei studiert
hatte, wenngleich er die klassische Pinselführung häufi g veruntreute, collagierte, aber auch
dreidimensionierte Lösungen mit Elementen, die die Fläche störten, Reliefs oder polychrome
Skulpturen bildeten. Aus Hartfaserplatten herausgeschnittene Formen schichtete er auf eine
Grundfl äche und griff zu Materialien wie Kunstleder, Metall, Kunststoff oder kleinen Spiegelfl
ächen, die den Betrachter ins Bild einbezogen. Mit sicherer, die Komposition bestimmender
Linienführung, ausgeprägter Farbigkeit, scharfen Kontrasten, vor allem aber mit beträchtlichen
Deformationen und Ausweitungen, Sinn für extreme Überhöhung, Humor und Ironie ließ
Komárek den charakteristischen Markenzeichen seines OEuvres, der Frau und der Beziehung
zwischen Mann und Frau, freien Lauf, wobei bacchantische Fleischeslust, pralle Brüste und
Bäuche in gewagten Anordnungen wie in Das Gewimmel der Evas (1991), Mumraj und
Es (beide 1990) keine Seltenheit darstellten. Richard Konvickas Gemälde und Zeichnungen
waren getränkt von Bildkürzeln und schematisierten Alltagsobjekten. Grelle Ziffern, Zeichen
und Zahlen zwickten und zwackten aus seinem dynamischen Bilderkosmos. Eindrücke eines
US-Aufenthalts gingen, angereichert mit solchen aus der Stadt an der Moldau, in passend gewählten Symbolen eines Amerika-Bildes, das weniger unter dem Einfluss neuweltlicher Kunst
stand als sich beeindruckt von der dortigen Lebensart zeigte, in seine Werke ein. Vom hastigen
Rhythmus, dem Puls New Yorks, von Reklame, Neonlichtern, Farbenfreude und Anonymität,
aber auch vom Selbstbewusstsein und der Energie seiner Bewohner erzählte Konvicka in N.Y.C.
Telephone, Nach Mitternacht und Kometa (alle 1991). Und wer bei Engelsberührung (1991)
einen zarten Hauch erwartete, musste mit raus auf Expedition ins gelb-rot-grüne Farbenreich.

Diese Seite teilen