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Ausstellungen

Lost in Democracy

Internationale Gruppenausstellung

So., 26.11.2023–So., 21.01.2024

Christian Faludi: Lost in Protest, Bild: Pauline Borges

Lesedauer etwa 26:28 Minuten

In unserer Stadt wurde die erste deutsche Demokratie geboren, implodierte der Sozialismus, lebte Freidenker Goethe. Doch wie weiter in unserem Nest, unserer Festung? Protestwähler* innen, Populist*innen, Politikverweiger*innen. Aufwind rechter Bewegungen, Trump, Brexit möglich erst durch die Demokratie. Eine tiefe globale Demokratiekrise inmitten unserer politisch aufgeheizten Gegenwart erzeugt in nicht Wenigen das Gefühl, beim Verhandeln zwischen Vielen im Ringen um Mehrheiten, der Volksherrschaft also, verloren zu gehen. Aus Furcht vor der Freiheit die Flucht ins vermeintlich Sicherheit gebende, Grenzen setzende Autoritäre anzutreten, scheint eine Option. Stirbt die Demokratie? Gibt sich geschlagen? Gegenwartskünstler* innen schaffen Minderheiten, statt Mehrheiten zu gewinnen. Sie befragen an der politischen Realität gescheiterte Lebensphilosophien, begründen Nostalgien und Utopien, die nicht wissen, ob ihre Zeit abgelaufen ist oder noch kommen wird: Als Gegenpolitiker*innen eine Idealbesetzung, sind sie nicht nur künstlerisch, nein auch gesellschaftlich relevant. Wenn diese zivilisatorischen Kräfte selbst die autoritärsten, antidemokratischsten, des-truktivsten, absolutesten Positionen zu vertreten vermö-gen, können sie dann nicht auch Sparringspartner*innen im Trainingscamp für Politik und Gesellschaft sein? Dreizehn Künstler*innen/-gruppen fragen: Was ist los mit der Demokratie? Mit ihren Krisen und Machtgebaren, ihrer Zerbrechlichkeit und Widerstandsfähigkeit, ihren Verwerfungen und Wertevermittlungen?

Teilnehmende Künstler*innen und ihre Arbeiten

SADDIE CHOUA

TODAY IS THE SHORTEST DAY OF THE YEAR BUT SOMEHOW HANGING AROUND WITH YOU MAKES IT SEEM LIKE THE LONGEST
HEUTE IST DER KÜRZESTE TAG DES JAHRES, ABER MIT DIR ZUSAMMEN ZU SEIN, LÄSST IHN IRGENDWIE WIE DEN LÄNGSTEN ERSCHEINEN

Saddie Choua ist eine belgisch-marokkanische Schriftstellerin, Künstlerin und Filmemacherin. Sie wurde als Soziologin ausgebildet. In ihrer künstlerischen Arbeit geht sie häufig von »dokumentarischem« Material aus und verschränkt dieses mit fiktionaler Literatur, Musik, Theater und Installationen. Kernbereiche ihrer Arbeiten sind soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit, ethnische Diskriminierung und damit Rassismus, die Diskriminierung von Frauen, die Folgen von Kolonialismus bzw. Postkolonialismus. Hinzukommen, konkreter nun, die auch in den westlichen Massenmedien weiterhin vielfach reproduzierte Stereotypisierungen des Fremden und des Anderen — und die Frage, mit welchen künstlerischen Mitteln beispielsweise Migrantinnen in Belgien Zusammenkunft und Erfahrungsaustausch ermöglicht werden können.

Das Videotriptychon »Today is the shortest day of the year but somehow hanging around with you all day makes it seem like the longest« hinterfragt die Mechanismen der rassischen, sexuellen und sozialen Dominanz, der die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaften ausgesetzt sind. Saddie Choua prangert mit Hilfe von Archiv- und Filmausschnitten die Verantwortung der Bildmedien für diese Machtverhältnisse an. Das Videotriptychon entstand zwischen 2017 und 2018 im Rahmen des Forschungsprojekts  »Perverse Decolonization« (Perverse Entkolonialisierung) an der Akademie der Künste der Welt in Köln.

Das Werk besteht aus drei Videos, die normalerweise gleichzeitig auf nebeneinander angeordneten Bildschirmen, hier aber nacheinander laufen. Obwohl die einzelnen Teile unabhängig voneinander be- trachtet werden können, sind sie letztendlich Teil einer einzigen kreativen Geste.

Im ersten Video werden Ausschnitte aus Nazi-Propagandafilmen der deutschen Regisseurin Leni Riefenstahl mit Bildern konfrontiert, die sie von einem nubischen Dorf aufgenommen hat.

Das zweite Video stellt Szenen aus den Filmen »La Noire de …« (1966) des senegalesischen Regisseurs Ousmane Sembène und »Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, 1080 Bruxelles« (1975) der Belgierin Chantal Akerman einander gegenüber, in dem Delphine Seyrig die Hauptrolle spielt und der laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage der britischen Zeitschrift Sight & Sound »der beste Film aller Zei- ten« ist. Er markiert gleichzeitig einen Wendepunkt in Seyrigs Karriere von einer gefeierten Schau- spielerin des französischen Autorenkinos zu einer feministischen Aktivistin. Beide Filme zeigen den Alltag armer Frauen — die eine aus dem Senegal, die andere aus Belgien — die gezwungen werden, Dienstmädchen und Prostituierte zu werden. Saddie Choua fragt, inwieweit Chantal Akermans Film »Jeanne Dielman« auf Ousmane Sembènes Film »La noire de ...« (»Die Schwarze aus …«) zurückgeht. Im Zentrum von Jeanne Dielman steht der monotone Alltag einer weißen verwitweten Hausfrau und Mutter, die sich gelegentlich prostituiert und schließlich einen Kunden ermordet. »La noire de ...« kreist um das Leben Diouanas, einer jungen aus dem Senegal stammenden schwarzen Frau, die unte sklavenartigen Bedingungen für eine französische Familie arbeitet. Diouana, die zunehmend aufbegehrt, bringt sich am Ende um. Saddie Choua vergleicht mehrere Schlüsselszenen aus beiden Filmen miteinander, die starke inhaltliche und ästhetische Ähnlichkeiten aufweisen.

Das dritte Video schließlich vermischt Bilder einer thailändischen Frau, die einen Mann massiert, mit Zeitungsausschnitten, die den Tod eines zweijährigen kurdischen Mädchens beschreiben, das von einem belgischen Polizisten erschossen wurde, der versuchte, Flüchtlinge am Grenzübertritt zu hindern.

Herrschaft durch Bilder: Durch die Kombination von Archivvideos und Filmausschnitten zeigt Sad- die Choua die Wahrnehmung des Anderen in den westlichen Informations- und Kulturmedien: die Machtdynamiken der Gesellschaft und die Art und Weise, wie die von der Bildindustrie verbreiteten Stereotypen zu deren Verstärkung beitragen. Sie geht der Frage nach, wie die Medien gesellschaftliche Themen und den Kampf gegen die Unterdrückung von Menschen auf einfache »Identitätskämpfe« reduzieren. Migrationsfragen werden so zu einem »Problem des Zusammenpralls der Kulturen«, anstatt in der Realität ihrer menschlichen, sozialen und wirtschaftlichen Komplexität betrachtet zu werden.


CHRISTIAN FALUDI

LOST IN PROTEST

Die ausgestellten Fotografien sind Teil einer umfangreichen Sammlung von Presseaufnahmen zu weltweiten Protestbewegungen der Jahre 1945 bis 1995. Die Auswahl dokumentiert insbesondere Momente, in denen Menschen in demokratischen Systemen öffentlichkeitswirksam nach Mitbestimmung strebten und dabei mitunter auf massive Widerstände stießen.

Wie die Szenerie selbst, so zeigt auch der Weg der Abzüge zitat-haft einen buchstäblichen Weg »Lost in Democracy«: Ursprünglich von zahlreichen Pressefotografen auf allen Kontinenten der Welt angefertigt und an Agenturen wie Zeitungsverlage in der Hoffnung geschickt, dass sie gegen Honorar abgedruckt wer-den, verschwanden die Aufnahmen nahezu unbeachtet in deren Archiven. Im Zuge der Digitalisierung wurden sie an private Dienstleister weitergegeben, die die Positive seither verkaufen. Damit werden die Werke zwar vor der Vernichtung bewahrt, ihr eigentlicher Zweck aber entwertet. In einer rechtlichen Grauzone verdienen schlussendlich Dritte an den einstigen Leihgaben, während die Urheber von den Vorgängen nichts erfahren. Damit gehen auch sie »Lost in Democracy«.

Die Menschen hinter der Ausstellung machen die verschollenen Fotografien und ihre Geschichte sichtbar, ohne dabei einen finanziellen Gewinn zu erzielen. Zudem suchen sowohl der Kurator als auch die Organisatoren den Kontakt zu den Urhebern, um sie für ihre Arbeit zu entlohnen. Dieser Prozess ist Teil des Konzepts und wird die Ausstellung während ihrer gesamten Laufzeit begleiten. Die gezeigte Sammlung wird indes sukzessive erweitert.


ZACHARY FORMWALT

BUT WHERE ARE THE HUNDRED-HANDED ONES!?
ABER WO SIND DIE HUNDERTHÄNDIGEN!?
Single-Channel HD-Video. lautlos 32:35 min
2021

Auf dem massiven Deckengemälde in der neu restaurierten Aula der Akademie der bildenden Künste Wien fehlt eine Figurengruppe auffällig. Diese Beobachtung ist der Ausgangspunkt für eine Reihe von Uberlegungen zu den anästhetischen Momenten eines solchen Raumes. Was fehlt noch? Könnte der Ausschluss der Hundertköpfigen (der Hekatoncheiren) aus der Schlachtszene, in der sie den größten Teil der brutalen Arbeit für den olympischen Sieg leisteten, auf andere Ausschlüsse aus dem Raum der ästhetischen Bildung hinweisen? Anhand von Archivmaterial aus der Graphischen Sammlung und der Glyptothek der Akademie, Passagen aus Rosa Luxemburgs unvollendeter »Einführung in die Politische Ökonomie«, Peter Weiss »Ästhetik des Widerstands«, Friedrich Schillers Briefen »Zur ästhetischen Erziehung des Menschen«, Briefen des Malers Anselm Feuerbach an seine Stiefmutter und der Dokumentation der jüngsten Restaurierung der Gemälde in der Aula untersucht »But where are the Hundred-Handed Ones?« untersucht Details der Gemälde und der Architektur, in der sie sich befinden. Der Triumph der Kultur über die Natur (Feuerbach) oder des Denkens über die Gesetze der Zeit (Schiller) erscheinen somit weniger sicher, als das Gemälde und seine Umgebung auf den ersten Blick vermuten lassen. Der Film untersucht das antike Motiv der »Titanomachie« im Hinblick auf die Figuren, die von den Olympiern in jenem Kampf zum Triumph über die Titanen eingesetzt wurden, nur um seitdem in visuellen Darstellungen der Szene zu verschwinden. Auf der Suche nach diesen Figuren wird die Tita-nomachie weniger zu einer Figur des Triumphs der Vernunft als vielmehr zu einer Figur dessen, was Rosa Luxemburg als den »ständigen Prozess des Metabolismus« der nichtkapitalistischen Formationen bezeichnete, die das für die fortgesetzte Akkumulation des Kapitals erforderliche Umfeld bilden. Dieser Stoffwechsel nimmt die Form einer »systematischen, geplanten Zerstörung und Vernichtung jeder nicht-kapitalistischen gesellschaftlichen Formation an, auf die [das Kapital] trifft«. Und dies zeigt die Grenzen der Demokratie innerhalb der kapitalistischen Gesellschaften auf.


NICOLINE VAN HARSKAMP

CONTAGIOUS SPECH
ANSTECKENDE SPRACHE
Rauminstallation

Performance: Irina Hrabarska, Nazanin Fakoor, Slobodan Bajic, Moena de Jong, Jacques de Bock, Juha Mvllylä, Hurrakane Tha SoundZtorm, Rakesh Parangath, Yvette Supraski, Nicoline van Harskamp, Ali Shafiee, Jaike Belfor, Yurie Umamoto, Faustina Kanin & Claire King Kameraarbeit: Ben Geraerts & Casper Brink, Tonarbeit: Slobodan Bajic Motion Graphics: in Zusammenarbeit mit Mandrakemotion Atemmusik: in Zusammenarbeit mit Valeria Mignaco Recherche und Unterstützung: Tamara Kuselman & Azul de Monte

2023

»Contagious Speech« ist eine Arbeit über Sprache, Atem und Bildschirme. Sie hat die Form einer Video-installation mit performativen Elementen und einem Online-Fragebogen. Die Verbreitung von virtuellem »Screen Talk« Sprache über Geräte, die mit dem Internet verbunden sind beeinflusst die Natur der gesamten gesprochenen Sprache. Die Covid-Pandemie mit dem plötzlichen Übergang von der »kontaminierten« Face-to-Face-Sprache zur gestreamten Online-Sprache hat diesen Prozess beschleunigt.

Das Drehbuch von »Contagious Speech« basiert auf Zoom-Interviews mit einer Reihe von Stimm-und Sprachexper/*innen, darunter ein Gesangslehrer, ein Mediziner, ein Voice-over-Künstler, ein Spezialist für natürliche Sprachverarbeitung und ein Beatbox-Künstler. In dem Werk spielen Schauspieler*innen Charaktere mit ähnlichem Fachwissen, manchmal scheinen sie sich direkt mit Nicoline van Harskamp zu unterhalten. Was jedoch zu hören ist, ist eine synthetische, von einer künstlichen Intelligenz erzeugte Version ihrer Stimme.

Die Atmung der Personen in der Videoarbeit wird als ein sich bewegender Graph visualisiert. Die Luft bewegt sich auf und ab, während die Menschen ein- und ausatmen, und zwar in auffallend unterschiedlichen Mustern. Die weiße vertikale Linie zeigt die aktuelle Zeit an. Der tiefste Punkt des Diagramms steht für eine leere Lunge, der höchste Punkt des Diagramms für eine volle Lunge. Eine Aufwärtsbewegung über die vertikale Linie hinaus stellt eine Einatmung dar, eine Abwärtsbewegung eine Ausatmung. Wenn Sprecher durch Zoom oder als synthetische Stimme gehört werden, gibt es keinen Anstieg oder Abfall.

Als Besucher*in sind Sie eingeladen, während des Videos mitzuatmen und Ihre Atmung für andere hörbar zu machen. Es ist empfehlenswert, zunächst nur die Ausatmung zu verfolgen und den Luftstrom beim Verlassen des Mundes leicht zu behindern. Sie können z.B. einen einzelnen Ton mit geschlossenen Lippen summen oder ein »« oder ein »sch« durch die Zähne zischen lassen. Die Pranayama- und Beatboxing-Praktizierenden im Video verwenden Atemtechniken, bei denen einem schwindelig werden 7 kann, wenn man sie falsch ausführt; machen Sie also eine Pause, wenn Sie zu den entsprechenden Abschnitten in der Arbeit kommen.

Mit jeder Präsentation dieses Werks wird eine neue Ausgabe des Online-Fragebogens zu ansteckendem Sprechen erstellt. Sie können die deutsch- als auch englischsprachige Umfrage über den QR-Code oder unter www.contagious-speech.org ausfüllen.


KEIN SCHÖNER ARCHIV

Als im westdeutschen »Wirtschaftswunder« Millionen weiße Deutsche sozial aufstiegen, übernahmen sogenannte Gastarbeiter*innen in den Maschinenräumen der BRD die Drecksarbeit. Als die Arbeits- migrant*innen blieben, Angehörige nachholten und Familien gründeten, war die zweite Generation an deutschen Schulen nicht willkommen. Zwar wurden diese Kinder in den 1960er und 1970er Jahren Kindern mit deutschem Pass formal im Bildungssystem gleichgestellt. Im Widerspruch dazu standen aber vor allem in den Ballungsgebieten strenge Quotenregelungen und »Ausländerregelklassen«, durch die die Kinder getrennt wurden. Bis heute wird migrantisierten Familien die Verantwortung für angebliche Bildungslücken in die Schuhe geschoben. Dabei sind viele Stärkungen der Chancengerechtigkeit vor allem dem Widerstand migrantisierter Menschen zu verdanken. Wer Migration ausstellen will, muss deshalb immer beides zeigen — die Ausschlüsse der Dominanzkultur und die Widerständigkeit migrantisierter Menschen – und darstellen, wie sie sich gegenseitig bedingen.

Allerdings ist auch Erinnerung ungleich verteilt. Dokumentation und Archivierung als Praktiken der Erinnerung sind Teil der Dominanzkultur und ihrer Institutionen. Migrantisierte Initiativen hingegen leisten doppelte Arbeit, weil sie erst nach Feierabend kritische Strukturen aufbauen können.

Wer also erforscht, wann und wie die erste Generation einforderte, dass auch ihre Kinder gerechte Chancen haben müssen, stößt zuerst auf die Archive der Mächtigen: auf ihre Erzählungen, Weltbil- der und Rechtfertigungen. Aber auch vernachlässigte und unterdrückte Erinnerungen hinterlassen Spuren, obwohl sie sich nicht so leicht in Dokumenten und Archiven oder Objekten und Museen verewigen können. Die Erinnerungen leben im Alltag fort und sind deshalb oft als »gespenstisch« be-schrieben worden: Erinnerungen und kritische Wissensbestände, die unterdrückt werden, verstecken sich wie ein Gespenst an den Rändern der offiziellen Archive und spuken als Gegenerzählung durch die Geschichtsschreibung. Sie brauchen daher performative Archive, die den Sammlungen der Dominanzkultur misstrauen und ihre Logiken unterlaufen.

Der Klassenkampf würdigt die Arbeit migrantisierter Eltern in den 1970er und 1980er Jahren gegen die Diskriminierung ihrer und auch anderer Kinder, wie es der Türkische Elternverein in Berlin (West) getan hat. Dabei bedient sich die Arbeit eines alten Illusionstricks, mit dem sich die Wirkung des Gespenstischen hervorrufen lässt. Schon seit dem 19. Jahrhundert werden Spiegel und Licht im Theater genutzt, um es auf der Bühne spuken zu lassen. Das Gespenst geistert im Nebenraum, das Publikum sieht nur die Projektion. Nicht anders verhält es sich, wenn die Dominanzkultur beginnt, sich für Migrationsgeschichte zu interessieren.


TANJA KRONE

DIE KRONE IST UNSER MANN - DER WAHLWERBESPOT
Arthur Bauer, Tanja Krone & Mannheimer*innen
2023

EINE KRONEFÜR MANNHEIM
Hymne für den Wahlkampf
(Hans Narva & Falk Schönfelder)
2023

Für Tanja Krone, Regisseurin, Kuratorin, Performerin und Musikerin, ist Kunst unter dem Aspekt gesellschaftlicher Teilhabe ein Möglichkeitsraum: «Am 3. Januar 2023 habe ich entschieden, in Mannheim als Oberbürgermeisterin zu kandidieren. Das ist waghalsig, aber nicht zu ändern. Gründe gibt es viele, aber einer ist auf jeden Fall: weil ich’s kann. So wie viele andere Leute es auch könnten. Und deshalb mach ich das jetzt mal für Euch. Und zwar gern! Damit Ihr was zum Angucken habt und schon mal für Eure eigene Kandidatur Impulse sammeln könnt.» Ihr Wahlwerbespot Die Krone ist unser Mann, Wahlplakate, Visitenkarten, Sticker, Programmflyer, ihre Wahlkampfhymne mit Text zum Mitnehmen, Tagebuchaufzeichnungen, eine Pellerine mit gestickten Wappen, natürlich eine Krone, ein Selfie-Spot mit Hula-Hoop-Reifen und auszufüllende Interessensbekundungsvordrucke, sich am 26.5.2024 in Weimar zur OB-Wahl zu stellen, gehören zur Raumausstattung Eine Krone für Mannheim. Schließlich konnte Tanja Krone am 9.7.2023 in Mannheim mit 903 Stimmen 1,2% der Wähler*innen für sich gewinnen.


JIAQING MO

DEMOCRACY SHOULD BE SUSPECTED, IT REMAINS A PRIVILEGE.
DIE DEMOKRATIE SOLLTE VERDÄCHTIGT WERDEN, SIE BLEIBT EIN PRIVILEG.
Rauminstallation
2023

Im »Demokratischen Wald« geht es um »Demokratie« durch den Blick des US-amerikanischen Fotografen William Eggleston, der behauptete, dass Fotograf*innen nicht egoistisch, sondern demokratisch und gleichberechtigt fotografieren sollten. Beeinflusst von dieser Theorie versucht Jiaqing Mo auf demokratische Weise zu arbeiten. Künstler*innen sollen Kunst nicht als aufsehenerregendes Zeigen von seltsamen und merkwürdigen Dingen präsentieren. Deshalb hat sich Jiaqing Mo auf die Symbole und Referenzen der Ruhe konzentriert, die sie während ihrer Reise nach und ihres Aufenthalts in Weimar empfunden hat, und in diesem spezifischen Raum Objekte wie Blätter, Landschaftsrahmen, Schlüssel, Bindfäden usw. rekonstruiert, wobei diese Objekte und Materialien auf Jiaqing Mos Fokus auf den Heimatraum und den natürlichen Wald beschränkt sind. Gleichzeitig werden diese Objekte in Symbole übersetzt: Vogel, Pflanzen oder Werkzeuge, Waffen, und auch der Ausstellungsraum wird in einen symbolischen Raum verwandelt, welcher der Wald im Freien oder das Zimmer des Dichters Goethe sein könnte. Die Kombination mit den Holzarbeiten schwächt den symbolischen Charakter des Raumes ab und macht ihn zu einer hölzernen Repräsentation, und vielleicht können in diesem mit Blättern bedeckten Raum nur die handgefertigten Möbel als wirklich demokratische Arbeit betrachtet werden. Der französische Philosoph Jacques Rancière erwähnt in »Der Hass auf die Demokratie«, dass die Demokratie nicht der Vermittlung durch die Elite, der Verleihung von Qualifikationen oder Ermächtigungen bedarf. In diesem Raum versucht Jiaqing Mo zu überdenken, ob die demokratisierte Kunst im zeitgenössischen Kontext tatsächlich verwirklicht ist oder ob es sich immer noch um eine privilegierte Kunst handelt, also um Kunst als Waffe der »elitären« Gruppe. In diesem hölzernen »demokratischen Wald« versucht Jiaqing Mo, das Verständnis der Menschen von Kunst, von einer Sorge um die »Eli-ten«, zu einer Sorge um den lebenden Organismus selbst zurückzubringen.


MARINA NAPRUSHKINA

BIRDS WITH THE PEOPLE
Fünf doppelseitig bemalte Teppiche
2022-2023

Die Belorussin Marina Naprushkina (BY/DE, *1981) arbeitet stark interdisziplinär in den Bereichen Kunst, Protest und Aktivismus, wobei es ihr immer auch um die Möglichkeiten einer partizipatorischen Praxis geht, die tradierten Ausstellungsinstitutionen eher entgegengesetzt ist. Dies äußert sich unter anderem in direkterem sozialen Engagement — ob nun mit Blick auf aktuelle Entwicklungen in Belarus oder in westlichen Demokratien — wie auch in Projekten, die sich mit den sozialen Umständen heutiger Kunstproduktion befassen. Die Serie »Birds with the People« besteht aus großformatigen, doppelseitig bemalten Teppichen, die sich auf die jüngste Geschichte der Protestbewegung in Belarus beziehen: die Anti- Regierungsproteste der 2020er Jahre und die starke Einmischung Russlands in Belarus seit Beginn des Krieges in der Ukraine. Der Titel zitiert den Slogan einer der ältesten Umweltschutzorganisationen in Belarus АХОВА ПТУШАК БАЦЬКАЎШЧЫНЫ. Die Organisation wurde als extremistisch eingestuft und von der Regierung geschlossen, wie die meisten NRO in Belarus in den letzten Jahren. Naprushkina verweist auf die verschiedenen Narrative der Kunstgeschichte: die Geschichte der »Maljavanka« oder »Dyvan«, der bemalten, selbstgewebten Teppiche, die in den ländlichen Gebieten in Belarus, Polen und der Ukraine weit verbreitet waren, und auf die Witebsker Avantgarde-Schule, die Schule UNOVIS der 1920er Jahre. Beide haben nebeneinander existiert, die eine ist Teil der etablierten Kunstgeschichte geworden, die andere hat sich zu einem lokalen Handwerk entwickelt, das meist mit anonymer weiblicher Hausarbeit verbunden war.

TOMMY NEUWIRTH

IM TESLA NACH SCHNELLRODA
HD-Video, 2:53 min
2023

Der Satz »Im Tesla nach Schnellroda« viel mir als Beifahrer auf der Autobahn ein. Es war zunächst ein schöner Titel für ein Lied zum Beispiel. Ein Freund machte mich darauf aufmerksam, dass diese vier Wörter auch ein Haiku sein könnten eine Gedichtform aus Japan stammend, die sich durch Kürze, Gegenwärtigkeit und Ofenheit auszeichnet. In Schnellroda lebt der Verleger, Aktivist und Rechtsextremist Götz Kubitschek. Akteur*innen der identitären Bewegung und Politiker*innen der AfD gehen bei ihm ein und aus. Kubitschek inszeniert sich als Intellektueller und ist eine zentrale Figur der Neuen Rechten im deutschsprachigen Raum. Die Firma Tesla ist sehr stark mit der Person Elon Musk verbunden. Elon Musk ist der reichste Mensch der Welt. Er ist bekannt für seine Beteiligung an und Initiierung von vermeintlich zukunftsträchtigen Projekten. Musk fällt aber auch auf durch impulshafte Handlungen und Aussagen. So hat zum Beispiel sein Kauf von Twitter und die Umstrukturierung und Deregulierung des Portals zur angeblichen Förderung von Meinungsfreiheit zu einer Zunahme von Fake News und Hass geführt. Tommy Neu-wirth sieht Musk in Kombination aus seiner Persönlichkeit und finanziellen Macht als demokratie-gefährdend an. Die scheinbar banale Aktion, mit einem Tesla nach Schnellroda zu fahren, soll aufzeigen, wie banal und alltäglich Populismus, Verschwörung sideologien, Hass und menschenverachtendes Gedankengut mittlerweile in unserer Gesellschaft stattfinden. Die Normalisierung all dessen ist ein großes Prob-lem. Umso gefährlicher wird es, wenn mächtige Menschen von wirren Weltbildern geleitet sind. Es ist quasi nichts banal. Das Musikvideo basiert auf einem Instagram-Livestream. Die Fahrt mit dem Tesla von Weimar nach Schnellroda ist in voller Länge dokumentiert.

REAL IST PLEITE
Installation
2023

Pandemie und Klimakrise u. a. scheinen als Kollektiverfahrungen alle Menschen zusammenzubrin-gen. Stattdessen erleben wir eine Aufspaltung in viele verschiedene wahrgenommene Realitäten. Die Ursachen sind vielfältig: Überforderung durch steigende Unsicherheitserfahrungen und damit einhergehende Zukunftsängste oder die gezielte und immer effektivere Verbreitung von Desinformationen und falschen Narrativen durch populistische Akteur*innen - um nur zwei zu nennen. Diese Tendenzen stellen demokratische Systeme vor große Herausforderungen: es wird schwieriger, Mehrheiten zu bündeln, da klassische Volksparteien massiv an Wählerstimmen einbüßen, und populistische Parteien gewinnen an Zulauf, die die Demokratie an sich in Frage stellen. »real ist pleite« ist Teil einer Serie verschiedener Arbeiten, die das Logo der nicht mehr existierenden Supermarktkette real symbolisch ausschlachten als Fotoserie (›Orte wo real sind«, 2021), als Performance und Video (»realer wird's nicht«, 2023) oder als Installation.

YOU AND ME (EUROPA)
Digital-Video, HD, 4:27min Kamera: Denis Poleé
2018

Mit der Bundestagswahl 2017 zog die AfD -die Alternative für Deutschland- ins Parlament. Die neurechte Identitäre Bewegung machte nach Frankreich und Österreich auch in Deutschland mit öfentlichkeitswirksamen Aktionen auf sich aufmerksam. Die Verschiebung des Diskurses nach rechts war im vollen Gange. Tommy Neuwirth verarbeitet in »You and me (Europa)« seine Verunsicherung darüber die Frage nach den eigenen Ängsten und wodurch diese erzeugt oder verstärkt werden, aber auch die Frage nach den Widersprüchen der neurechten Bewegung. Neuwirth fügt dem Song eine klare visuelle Ebene hinzu. Hierbei rücken die Wörter -ähnlich einem Lvrics-Musikvideo-unmissver-ständlich ins Zentrum. »You and me (Europa)« reiht sich ein in Neuwirths Musik- und Bildästhetik, in der zumeist Aneignungen aus der Popkultur, Plakatives und Banales einen Kippmoment erreichen. Die scheinbare Be-liebigkeit des postmodernen Zitierens wird ernsthafe Nachdenklichkeit über das Hier und Jetzt. Ausgehend vom gleichnamigen Song des Musik-Performance-Projekts »Das weltweite Netzwerk für ein bedingungsloses Grundeinkommen« will das Video eine einfache und klare visuelle Ebene hinzufügen. Zugleich ist das Ganze als sogenanntes Lyrics-Video angesetzt, um den Text des Songs ins Zentrum zu stellen. Der Song kommt im Trap-/Cloud-Rap-Gewand daher mit der typischen Auto-Tune-Stimme. Der Verweis zu »Final Countdown« der Band »Europe« dient als Aufhänger und schafft Zugang. Die Tiergeräusche erzeugen einen Parodie-Charakter. Mit den Lyrics wird aber alles wieder gebrochen und man will nicht mehr so richtig lachen, denn »Natürlich hab ich Angst«- vor neurechten Tendenzen genau so wie vor einer sehr abstrakten Terrorgefahr. Inhaltlich darf sich der YOLO-Cloud-Rapper genauso angesprochen fühlen wie der hippe Identitäre. Das Video thematisiert das unbedingte Hochhalten der deutschen Fahne. Der Protagonist läuft und fällt dabei immer wieder, aber versucht, die Fahne immer oben zu halten. Der Protagonist rennt irgendwo hin. Es gibt kein Ziel. Der Protagonist ist nackt. Er hat nur sich und die Fahne. Neuwirth empfindet das Video nicht als Sich-über-etwas-lustig-machen. Er fragt sich ernsthaft: Wo will er hin mit der Fahne, der nackte Mensch? Und: Angst haben beide. Das Video versucht nicht rhythmisch oder dergleichen auf den Song einzugehen. Video und Song kommen durch die Visualisierung der Lyrics zusammen.



ANA PRVACKI

3 IN 1 MULTIMASK
Video, 2:28 min
2020

»3 in 1 Multimask« ist ein zeitgemäßer Kommentar zur aktuellen Weltlage. Die Maske behandelt die Themen Sicherheit, Schönheit und Transformation und versucht, Quarantäne und Isolation als eine Zeit der Erneuerung und des persönlichen Wachstums neu zu begreifen. Das Werk wurde während der Quarantäne mit der Hilfe und Unterstützung von Prvackis Familie und Freunden gedreht. Im Auftrag der 13. Gwangju-Biennale.

BEE INTENSE
BIENE INTENSIV
Performance, Video, 1:55 min
2022

Dieses Honig-Delirium ist das Finale einer anderthalbstündigen Performance mit dem Titel »Bee Intensive«. In dieser feierlichen Vortragsperformance über Bienen und Honig führt Prvacki das Publikum durch einen Überblick über die Bienen in Geschichte, Evolution, Mythologie und Religion. Anstelle einer traditionellen Honigverkostung bietet Prvacki Honig für alle an! Wie andere Heilsversprechen kommt der Honig von ganz oben. Demokratien funktionieren komplex und liefern nicht selten Versprechen, die nicht immer in Erfüllung gehen. Das vom Marina Abramovic Institute in Auftrag gegebene Werk wurde im November 2022 im Royal Carre Theatre in Amsterdam uraufgeführt.


MYKOLA RIDNYI

IN DAYLIGHT
BEI TAGESLICHT
15 Schwarz-Weiß-Fotografien, je 40 x 40 cm
2018

In seiner Serie »In Daylight« verbirgt der Künstler nicht so sehr Informationen, sondern entscheidet sich da-für, Informationen nicht preiszugeben. Er studiert die Gesten von europäischen Populisten und Anführern rechter Kräfte und positioniert jede Geste in einem Kreis, während er die Identität der Person verbirgt. Eine Hand symbolisiert sowohl Autorität und Macht als auch Solidarität. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die erhobene Faust zum Symbol für die Einheit der Arbeiter in einem Aufruf zur Gründung von Berufsge-werkschaften. Fäuste wurden auch verwendet, um linke Ideen zum Widerstand gegen den Kapitalismus zu propagieren. Ridnyi zeigt den Wandel auf: Rechtspopulist*innen haben sich seitdem die Methoden, Gesten und Errungenschaften der linken Bewegung zu eigen gemacht und nicht nur die Linke als solche, sondern auch allgemeinere Grundsätze der Redefreiheit und der persönlichen Meinungsäußerung diskreditiert.

Text: Kateryna Iakovlenko

FACING THE WALL
MIT DEM GESICHT ZUR WAND
12teilige s/w-Fotoserie
2018 – fortlaufend

Die Fotoserie befasst sich mit dem Problem des aufkommenden Rechtsradikalismus in Europa. Aufgedruckte Symbole, die von zahlreichen neonazistischen und postfaschistischen Organisationen und Gruppen verwendet werden, sind mit Kaugummi verdeckt. Neben europäischen parlamentarischen Rechtsparteien wie dem französischen Front National oder der ungarischen Jobbik gibt es viele radikale Gruppen, die auf der Straße Gewalt gegen LGBTQ+-Aktivist*innen, Migrant*innen und andere Minderheiten ausüben.


PIOTR SZYHALSKI

WAR REPORTS
KRIEGSBERICHTE
Tinte auf Papier, je 53,3 × 36,8 cm auf Tapetenfolie, je 130 × 90 cm,
2022 – fortlaufend

Als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine begann der Künstler Piotr Szyhalski erneut mit dem Zeichnen von Labor Camp Reports. Ähnlich wie sein »COVID-19: Labor Camp Report« (2020), einer Serie von 225 täglich gefertigten Tuschezeichnungen, die sich mit der Pandemie und den Ver- änderungen in der Welt befassen, dient dieses neue Werk dazu, die Erfahrung »extremer historischer Phänomene«, die sich in Echtzeit entfalten, zu beobachten und festzuhalten. Obwohl sie sich mit einem bestimmten Konflikt befassen, wirken viele der Kriegsberichte auf einer universelleren Ebene, indem sie Krieg und Militarismus verurteilen und unsere Aufmerksamkeit auf die Notlage von Zivilist*innen und Geflüchteten lenken.

Durch den Einsatz von Freiwilligen wurde eine Reihe von dreisprachigen Plakaten (ukrainisch, polnisch und englisch) mit dem Titel »It’s Heroic to Survive / Es ist heldenhaft zu überleben / ВИЖИТИ ЦЕ ГЕРОЇЗМ« gedruckt und in Lviv (Ukraine) verteilt sowie an ukrainisch-polnischen Grenzübergängen und in Flüchtlingseinrichtungen in der Nachbarschaft aufgehangen. Dank der Großzügigkeit vieler Unterstützer*innen kamen durch den Verkauf dieser Drucke Tausende von Dollar zusammen, die an Razom for Ukraine Emergency Response und Fundacja Ocalenie in Polen gespendet wurden, Organisationen, die direkt mit Flüchtlingen aus der Ukraine arbeiten.


ZENTRUM FÜR POLITISCHE SCHÖNHEIT

POLITISCHER WIDERSTAND IM 21. JAHR HUNDERT:
DIE MACHT DER GESCHICHTE ALS WAFFE

Mit voller Phantasie die Wirklichkeit erfasst: Das Zentrum für Politische Schönheit radikalisiert den Kampf für Menschenrechte. Das Zentrum für Politische Schönheit ist der radikale Flügel des Humanismus: eine Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit. Das Zentrum für politische Schönheit verschmilzt die Macht der Phantasie mit der Macht der Geschichte. Grundüberzeugung ist, dass die Lehren des Holocaust durch die Wiederholung politischer Teilnahmslosigkeit, der Abwehr von Hilfesuchenden und Feigheit annulliert werden und dass Deutschland aus der Geschichte nicht nur lernen, sondern auch handeln muss. Gedenken heißt Kämpfen.

Das Zentrum für politische Schönheit bewaffnet die Wirklichkeit mit moralischer Phantasie und tritt gegen Amnesty International an, weil es glaubt, dass der Kampf um Menschenrechte radikaler geführt werden muss. Er wird nicht mit Hashtags, Lichterketten und Online-Petitionen, sondern mit Phantasie gewonnen. Das nützlichste Werkzeug ist die Fiktion.

Die Sammlung in den drei Vitrinen umfasst unter anderem Artefakte zu Aktionen und Projekten wie »Die Weiße Rose« (2017), »Höcke« (2017), »Unsere Waffen«, (2020) und »Flyerservice Hahn« (2021).

Lost in Democracy: Eine Nachbetrachtung.
Von Knut Birkholz

„Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.
Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes,
sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen.“*

Immanuel Kant

„Wir bewegen uns auf eine neue Klassenspaltung zu, die nicht mehr auf Geld beruht,
sondern auf der Fähigkeit, seinen kritischen Geist einzusetzen und Informationen zu sortieren.“**

Umberto Eco

Wie vielleicht immer bei einer thematisch orientierten Ausstellung wird niemand in Anspruch nehmen können oder wollen, das jeweilige Thema in irgendeinem Sinne ‚inhaltlich auszuschöpfen‘. Hier meint dies das Verlieren und Verlorensein in der Demokratie, im programmatisch weiten und verhältnismäßig freien Feld ihrer Möglichkeiten, wenn ihre der Aufklärung so sehr verpflichteten Prinzipien und Strukturen mit letztlich antidemokratischen Intentionen ausgenutzt und dabei aus machtpolitischem Partikularinteresse Verlustängste Anderer instrumentalisiert werden. Welche gesellschaftlichen Gruppen sind besonders davon betroffen, was treibt die Akteure im Hintergrund, welche Gruppen sehen sich etwa von Veränderungsbeschleunigung überfordert oder verleugnen sehr wohl entstandene Einsichten – und warum? Was steht neuerlichem Nationalismus, Schamlosigkeit beim Verbiegen von Wahrheiten und Ignoranz von Fakten entgegen – und warum nicht ganz einfach der eigene Verstand oder der kritische, informationskompetente Geist? Im nachfolgenden kurzen Rundgang bleiben konkret formale Werk- und Themenfacetten etwas außer Acht, jedoch seien dafür einige diskursive Ariadne-Fäden zwischen den im ACC gezeigten Werken verdeutlicht. Vielleicht zeigen sich zudem Leerstellen, die sich kuratorisch beispielsweise in Folgeausstellungen oder -programmen näher betrachten lassen. Wahrlich tagtäglich sehen wir derzeit bedenkliche politische Entwicklungen, und vielleicht wird auch manches hier Gesagte rasch überholt sein. Sicher ist jedoch, dass auch den Kompensationsformen, als Anzeichen eines Findens und Sich-Wiederfindens in der Demokratie, mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Unter anderem jenen oben zitierten, exemplarischen Sätzen Immanuel Kants und Umberto Ecos zum Problem der Unmündigkeit und zu einer neuen Klassenspaltung entsprechend stellt sich auch heute die Frage nach Veränderungen von gesellschaftlichen Verhältnissen und Klassenkämpfen – und was aus aktuellen Rückschlägen für das Großprojekt Aufklärung zu lernen ist.

Das Künstlerduo Keiner schöner Archiv (Nuray Demir und Michael Annoff) erinnert unter dem Werktitel „Der Klassenkampf“ an die Notwendigkeit, Dokumentation von Konfliktgeschichte nicht bloß Archiven zu überantworten. Im Fokus steht in ihrem Werk die bis heute nachwirkende Benachteiligung der ‚Gastarbeiter‘ im damaligen deutschen „Wirtschaftswunderland“: war eine Generation migrantischer Eltern als ‚billige Arbeitskräfte‘ willkommen, blieb sie doch recht isoliert und ökonomisch wie kulturell benachteiligt, was sich in Form von Identitätskonflikten auf die Folgegeneration vererbte. ‚Verloren in der Demokratie‘ – das deutet hier zudem an, dass die bundesrepublikanische Gesellschaft ihre Gleichbehandlungsgrundsätze schon vor Jahrzehnten vernachlässigt hat, und vor diesem Hintergrund wird durchaus problematisch, ob heutige migrantische ‚Arbeitnehmer*innen‘ mit ähnlichen Verhältnissen konfrontiert sind. Auch Zachary Formwalts Videoarbeit „But where are the Hundred-Handed Ones?“ stellt die Frage nach dem Verbleib jener, die politische, wirtschaftliche und technische Revolution wesentlich tragen, aber im Nachhinein offenbar weniger, wenn überhaupt, zu den eigentlichen Gewinnern zählen und Aufmerksamkeit erfahren. Formwalt betrachtet dies kunst- wie gesellschaftsgeschichtlich und greift zurück bis zum griechischen Mythos. Erinnert sei, dass in der Polis als Frühform des demos kratos unter anderem Frauen und Fremde nicht wahlberechtigt waren, also Ausschluss- und Benachteiligungsmechanismen unter dem Diktat soziopolitischer Eliten standen – wobei Fremde nebst ihrem Äußerlichen, ihrer Kultur und Religion hinsichtlich ihrer Sprache oder Sprechweise als ‚Barbaren‘ abgewertet wurden. Sprache und Demokratie: dieses Verhältnispaar hat ebenfalls in verschiedenen Hinsichten Aktualität, denkt man an ‚Leitkultur‘-Debatten, Pisa-Studien, Gender-Sternchen und die Frage nach migrantischen Sprachformen, als Zweit- und Drittsprachen, in möglicher Konkurrenz zu ‚korrekten Leit- oder Landessprachen‘. Nicoline van Harskamp nimmt diesen Aspekt in ihrem Online-Fragebogen auf, der Teil ihrer sich mit Sprachformung, Atmung, Prosodie und Ansteckungswahrscheinlichkeiten durch Sprechen befassenden Videoinstallation „Contagious Speech“ ist. Zudem kommen die vielerorts unter dem Schlagwort ‚Integration‘ bei Einwanderung und Einbürgerung erhobenen Sprachforderungen und selbst Sprachzwänge, mit denen sich van Harskamp in ihrer künstlerischen Praxis seit längerer Zeit befasst, zur Sprache. Und die niederländische Künstlerin stellte ihrem Onlinepublikum durchaus ironisch-kritisch Fragen, die auf die in Deutschland zwar weitgehend demokratisch, aber auch anhaltend kontrovers geführte Debatte um geschlechtersensible Sprache Bezug nehmen.

Hier der Druck auf die Sprache des Anderen, bei Saddie Choua nun in ihrer Arbeit „Today is the shortest day of the year but somehow hanging around with you all day makes it seem like the longest“ die bildliche Darstellung des Anderen: nämlich wie beispielsweise Einwohner früherer Kolonien und dann deren Nachfahren auch in westlichen Demokratien dem Druck dominanter Gruppen und Perspektiven ausgesetzt sind, gerade weil nicht zuletzt westliche Informations- und Unterhaltungsmedien selbst Stereotypen reproduzieren, wodurch überdies konkrete Lebensumstände etwa in jenen früheren Kolonien aus dem Blick geraten. Gerade da zeigt künstlerische Untersuchung unter anderem als Medienkritik jene Lebenswirklichkeiten wieder auf – und erinnert an die Notwendigkeit kritischer Differenzierung, die auch in heutigen Demokratien geradezu absurd oft ausbleibt. Im Übrigen ist weiterhin zu betrachten, welche bildhaften Selbstdarstellungen der Extremismus verwendete und verwendet: Mykola Ridnyis Fotoserie „Facing the Wall“ zeigt von Kaugummi verdeckte Symbole extremistischer Organisationen und Gruppen. Anstelle der sonst üblichen Entfernung solcher, oftmals verbotener, für die jeweiligen Ideologien in ihrer Selbstdarstellung als wichtig erachteten Symbole, ist der banal-pubertär anmutende, aber eben auch gewaltlos-geschmeidige Akt des Überklebens mit Kaugummi ein fast schon maximales Zeichen der Geringschätzung, ‚Nichtschätzung‘ oder Lächerlichmachung. In seiner Fotoserie „In Daylight“ hingegen studiert Ridnyi die kulturgeschichtlich sehr alte Symbolik der Hand respektive des Gestikulierens mit Händen. Er zeigt in diesen Fotoausschnitten nur die Hände, nicht die Personen. Solche Symboliken haben auch bei Populist*innen und Extremist*innen Eingang in ihre öffentliche Selbstdarstellung und Kommunikationsstrategie gefunden, um etwa politische Kompetenzen und Diskursfähigkeit zu suggerieren, indes dabei vermutlich permanent Normalisierungen von extremen, extremistischen und selbst demokratiegefährdenden Ansichten stattfinden.

Christian Faludi geht zurück in der Zeit und erinnert unter dem Titel „Der sächsische Robin Hood Max Hoelz: Dead or Alive – Lost in Democracy“ an den Anarchisten Max Hoelz (1889-1933), dessen politische Aktionen sich vielfach an der Grenze zwischen bewaffnetem Anarchismus, Erpressung und Verteidigung ökonomisch klar benachteiligter Schichten abspielten. Dies berührt die alte Klassenspaltung, deutet aber zugleich Ambivalenzen verschärfter Protestformen und die Frage nach den ‚richtigen‘ Mitteln an (im Grunde wie Heinrich von Kleists Michael Kohlhaas), mit denen wir derzeit konfrontiert sind, wenn es etwa um Forderungen nach verstärktem Klimaschutz geht. Im Übrigen wurde dann in der DDR deren Nationalpreisträger Frank Diettrich von Erich Honecker beauftragt, die im ACC zu sehende Büste von Max Hoelz anzufertigen, die noch vor dem Herbst 1989 in Falkenstein im Vogtland aufgestellt wurde. In einer weiteren Arbeit, „Lost in Protest“, thematisiert Faludi die Funktion von manipulierbaren oder manipulierenden Massenmedien und erinnert an die für Protestereignisse und -formen wichtige Rolle des kritischen, investigativen Journalismus, dessen Dokumente so oft in Archiven ein rasch harmloses Dasein fristen oder andererseits vornehmlich bloß rekommerzialisiert werden. Das betrifft im Weiteren ja die sogenannten sozialen Netzwerke und einen ganz erheblichen Teil der wesentlich von Großkonzernen betriebenen Kommunikationsindustrie – wobei der Schritt zur Rolle und dem Interesse ihrer Anteilseigner und/oder Protagonisten nur ein kleiner ist. Die hinreichend bekannten Kontroversen um den Techno-Optimismus des Multimilliardärs Elon Musk, seinen Kauf von Twitter/X und den Erfolg seines Autoproduzenten Tesla, verbunden nun mit dem erstarkten Rechtspopulismus in Ostdeutschland: das ergibt den Ausgangskontrast für Tommy Neuwirths satirisches Musikvideo „Mit dem Tesla nach Schnellroda“, wobei dieses kleine Dorf im südlichen Sachsen-Anhalt überdies Wohnort des verschiedentlich als rechtsextrem eingestuften Verlegers Götz Kubitschek ist. Wiederum zeigt sich auch bei Musk ein offenbares Unvermögen, die Grenzbedürftigkeit freier Meinungsäußerung anzuerkennen, weil ja die Grenzüberschreitungen durch Fake News, Verschwörungstheorien und Beleidigungen andere demokratische Grundrechte verletzen können. Thematisch und ästhetisch eng angelehnt, mit Blick auf das Aufkommen der ‚Identitären Bewegung‘ und die Wahlerfolge rechtspopulistischer Parteien, rekombiniert Neuwirth in seinem Musikvideo „You and me (Europa)“ Schlagworte und Sloganfragmente aus Jugendkultur, sozialen Medien und politischem Diskurs mit popmusikalischen Versatzstücken, was zu einem satirischen ‚Porträt‘ der Zeit wie der eigenen Angst vor einem weiteren Abdriften demokratisch verfasster Gesellschaften in Extreme wird.

Einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung bilden Arbeiten mit stärkerem Bezug zur aktuellen Grenzsituation in Belarus und in Russland – und damit dann besonders zum russischen Krieg gegen die Ukraine. Der aus Polen stammende und seit langem in den USA lebende Künstler Piotr Szyhalski befasst sich vornehmlich mit dem Bildmedium Plakat, seiner propagandistischen Funktion in politischen Kontexten und der Überführung in ein Medium künstlerischer Provokation. Er erweitert derzeit seine Serie „COVID-19: Labor Camp Report“ zur Pandemie und ihren Folgen unter den Titeln „War Reports“ und „Handshake Triptych“. Die gesammelten Kriegsberichte haben Textform, zivile Opfer und Flucht infolge des Krieges in der Ukraine rücken in den Mittelpunkt. Szyhalskis für diese Arbeiten neu entworfene Plakate wurden in großer Zahl an der polnisch-ukrainischen Grenze verteilt und erzielte Verkaufserlöse gespendet. Die in Deutschland lebende Belarussin Marina Naprushkina hat ihre Werkserie „Birds with the People“ nach dem Slogan einer inzwischen verbotenen Umweltschutzorganisation benannt und bezieht sich damit auch auf die belarussische Protestbewegung der 2020er-Jahre. Die Serie besteht aus doppelseitig bemalten und dann aufgehängten Teppichen und folgt der Tradition der in Belarus, Polen und der Ukraine bekannten, zumeist von Frauen ausgeführten Laienmalerei „Maljavanka“ oder „Dyvan“. Naprushkinas Teppiche enthalten Liedtextzitate, die an die unter- oder unbezahlte Sorge- und Pflegearbeit der unbekannt bleibenden Frauen erinnern. Und sie beziehen sich auf die heute für uns kaum vorstellbare Alltäglichkeit von Zwangsarbeit von Frauen in belarussischen Straflagern – also jene außerdemokratischen, entmündigenden Zustände in Diktaturen überhaupt.

In der Vortragsperformance „Bee Intensive“ gibt Ana Prvacki einen Überblick zu Rolle und Bedeutung von Bienen in der Geschichte, der Evolution, der Mythologie und der Religion. Teil der Performance ist das Herabregnen von Honig, gleich einem Heilsversprechen, das hier nun das Publikum kosten kann, sich den Honig als altes Heil- und Schönheitsmittel auf die Haut auftragen, ganz nach eigenen Belieben. Das süße Leben, das Land von Milch und Honig, der gleichwohl Produkt monarchistisch organisierter Bienenvölker ist: durchaus ambivalente Zeichen, wie auch Demokratien durchaus Heilsversprechen produzieren (Heinrich Heine schrieb einst in seinem Wintermärchen vom „Eiapopeia vom Himmel“), die innere Widersprüche und die zu hohen Erwartungen beispielsweise bei Versuchen des ‚Demokratieexports‘ zu vernachlässigen drohen. Prvackis Arbeit „Multimask“ macht Anleihen bei kommerziellen Videos und deren Versprechungen – und stellt eine multifunktionale Maske vor. Diese soll vor dem Hintergrund pandemischer Entwicklungen dem Infektionsschutz wie der Selbstisolation dienen, zugleich Schönheits- und Pflegeprodukt sein, und sogar einen ‚anderen‘, einen ‚spirituellen‘ Blick auf sich selbst und die äußere Wirklichkeit ermöglichen. Auch spirituell intendiert, in etwas anderem Sinne, folgt die Chinesin Jiaqing Mo mit ihrer Rauminstallation „Die Demokratie sollte verdächtigt werden, sie bleibt ein Privileg“ der Ansicht des US-amerikanischen Fotografen William Eggleston, dass nicht zuletzt das Beiläufige, Nebensächliche Gegenstand der Fotografie sein müsse – denn es sei, in seinen Worten „alles gleich zu behandeln: demokratisch". Entsprechend geht es Jiaqing Mo nicht um das Aufsehenerregende, Sensationelle, sondern um das Unbedeutende, Spannungslose, das sie als Stipendiatin unseres Atelierprogramms während ihrer Zeit in Weimar wahrnahm. Ihre Installation symbolisiert insofern eben genau keinen Konflikt, sondern wird zum Kontemplationsort, ein Wald, ein Zimmer eines Dichters. Kontemplation deshalb, weil zum Beispiel je nach kultureller Perspektive oder ‚von außen‘ Demokratie auch stärker als enormes Privileg gesehen wird, währenddessen dieser Umstand ‚innerhalb‘ von Demokratie so rasch aus dem Blick gerät.

Tanja Krone interessiert sich für innerdemokratische Betätigungsräume – dort das Zustandekommen von Verwaltungs- und Leitungsstrukturen, und speziell zugehörige Kandidatur- und Wahlmechanismen. Ihr Nachdenken über eine ganz konkrete Teilhabe am politischen ‚Mitherrschen‘, am Mitentscheiden und -gestalten führte im Jahr 2023 zu ihrer Kandidatur für das Amt der Mannheimer Oberbürgermeisterin, wozu sie ihre eigene Wahlwerbung, unter anderem bestehend aus Plakaten, Aufklebern, Visitenkarten, dem Werbespot „Die Krone ist unser Mann“ und der Hymne „Eine Krone für Mannheim“, gestaltete. Krone fordert zudem das Publikum ausdrücklich auf, ihre Aktion als Anregung für eigene Kandidaturen und dann Wahlkämpfe zu verstehen, wozu sich die im Jahr 2024 anstehenden OB-Wahlen in Weimar anbieten. Hier sei noch vermeldet, dass Tanja Krone im Juli 2023 bei den Wahlen in Mannheim 1,2% der dortig abgegebenen Stimmen für sich gewinnen konnte. Institutionelle Partizipation als erster Schritt einer Mit- und dann Umgestaltung – dieser Gedanke dürfte für das bereits mehr als einhundert Mitglieder zählende Zentrum für Politische Schönheit womöglich etwas zu zahm sein. Denn mit seinen schlagzeilenmachenden Aktionen (etwa „Bau das Holocaust-Mahnmal vor Höckes Haus!“ von 2017, und „Flyerservice Hahn“ von 2021) folgt das ZPS einer riskant-provokativen Strategie, wie auch das umfassende Dokumentationsmaterial zu seinen Projekten in der Ausstellung zeigt. Die intendierte Grenzüberschreitung der künstlerischen Mittel als Reaktion auf grenzüberschreitende Radikalisierung etwa politischer Akteure hat zu einer ganzen Reihe von Ermittlungs- und Gerichtsverfahren geführt, wobei auf Seiten selbst ‚linker‘ Kritiker durchaus nicht nur Einigkeit besteht, ob und inwiefern sich eine solche künstlerische Widerstandspraxis nicht rasch abnutzt oder eigene Ziele je nach Aktion wirklich erreicht werden. Gleichwohl lässt sich sagen, dass das ZPS regelmäßig für satirische Überraschungen gut ist, und – weit wichtiger – dass die sich an ihren Aktionen entzündenden Debatten samt verbundener massenmedialer Präsenz ein großes Wirkungspotenzial über die typischen ‚eingeweihten Kunstkreise‘ hinaus beinhaltet.

* In: Immanuel Kant: „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“, Berlinische Monatsschrift, Bd. 4, 1784, Zwölftes Stück, S. 481–494
** In: Umberto Eco, Jean-Claude Carrière, Stephen Jay Gould, Jean Delumeau: „Das Ende der Zeiten“, DuMont Verlag Köln 1999, S. 252

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