Aussen Vor (2007)
13. Internationales Atelierprogramm der ACC Galerie Weimar und der Stadt Weimar
Blickt man in die Welt, scheint sich der globale marktwirtschaftliche Kapitalismus unentbehrlich gemacht zu haben. Kaum ein Fleck der Erde ist vor ihm sicher, sein Erfolg verdrängt jegliche alternativen Formen der gesellschaftlichen Organisation von Produktion, Verteilung und Verbrauch. Jeglicher Ausdruck des Widerspruchs, des Protests oder der Resignation angesichts der Übermacht der herrschenden Verhältnisse wird bereits als folkloristisches Element in den Mainstream integriert. Außerhalb dieser letzten noch übrigen Idee aus dem Versuchslabor der Gesellschaftsordnungen scheint nur Leere zu sein, jedes Draußen ein vermeintlich gefährlicher Ort.
Gerade Künstler finden jedoch immer wieder einen kritischen Zugang zu dem Außerhalb unseres Systems, sie sind eher noch als andere Menschen sensibel für individuelle und kollektive Sehnsüchte nach dem politisch und wirtschaftlich Anderen. Und dies auch dann noch, wenn sie verzweifelt in Einsiedelei verfallen, weil sie einsehen oder einsehen müssen, dass es ein Außerhalb nur noch in der Fantasie der Kunst geben kann.
Häufig stellt sich das als Suche nach all dem dar, was das System bislang hat nicht vereinnahmen können, da es als unfruchtbar, unproduktiv, abwegig, unbequem, schäbig oder beängstigend qualifiziert wird. Dieses Suchen setzt voraus, dass es ein Außerhalb des Systems überhaupt gibt – gleich wie romantisch verklärt, anfechtbar oder lebensfern es auch immer sein mag. Kunst schafft Möglichkeiten, anders denken oder sich Zusammenhänge anders vorstellen zu können. Ästhetisch-künstlerische Praxis kann ein radikales Werkzeug sein auf der Suche nach alternativen Varianten menschlichen Organisierens. Dies gilt auch und gerade, wenn politische Ideologien und wirtschaftliche Systeme mit ihren Machtstrukturen und hierarchischen Strategien hinsichtlich eines umfassenderen Verständnisses von der Welt immer wieder Grenzen aufzeigen und der direkten Kommunikation im Weg stehen.
Das 13. Internationale Atelierprogramm der ACC Galerie Weimar und der Stadt Weimar thematisiert den Ausweg aus dem „no way out“, die Sprengung des Rahmens, die Frage nach dem Dahinter, die Ästhetik des Draußen, Wege, ein heidnisches Ketzertum zu evozieren: konkrete Fragen zu stellen, nicht Ziele vorzugaukeln. Haben die drohende Auslöschung der Menschheit durch einen globalen Krieg, das mögliche Ende des Fortschritts, die zunehmend sichtbar werdende Zerstörung der Umwelt, die warnende Prophezeiung vom Ende des Wachstums und der Wegfall der überkommenen Wertesysteme in der westlichen Hemisphäre, neben dem gesellschaftlichen Phänomen der allgemeinen Sinnkrise, auch zu einer Stimulanz der Suche nach Auswegen, der Abgrenzung zum und Überwindung des Systems geführt? Dafür gilt es, eine Beweisführung mit künstlerischen Mitteln anzutreten. Kann Kunst immer noch Waffe sein, um die fragwürdige Logik der Konsum- und Fortschrittsspirale für ein immer komfortableres Leben nebst einem dadurch realer werdenden Dystopia zu durchdringen und die richtigen Türen nach draußen zu finden, wenn wir außen vor sein möchten?