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Ausstellungen

Architecture of Mind - Transfer

Ausstellung Mi., 28.07.1993–Do., 19.08.1993

Ulrike Dornis/Jens Hanke: Architecture of Mind - Transfer: Ausstellungsansicht, 2002.

Lesedauer etwa 2:13 Minuten

21. September bis 03. November 2002

Ulrike Dornis, Jens Hanke (DE)

In Klöstern und Kirchen Russlands hatte Ulrike Dornis die Ursprünge der Ikonenmalerei studiert, was für ihre Ölgemälde auf Sperrholz wie Oranges Hotel, Die Stadt in der Wüste und Kreuzfahrer vor Akkon (alle 1992) oder solche auf Ölpapier wie Die Heiligen geh’n spazieren, Böse Gedanken und St. Georg (alle 1993) bzw. Kompositionen auf Leinen wie Schwertträger und Schild (beide 1993), aber auch für das Litho-Kunstbuch Die großen Göttinnen (1992 – 1993), handgebunden für Himmel und Erde (1993), nicht ohne Einfluss war. Während der Beschäftigung mit religiöser Formensprache offenbarte sich ihr, dass die russische Ikonenmalerei in der Konstruktion der Figuren von ähnlicher Statik geprägt ist wie die altägyptische Malerei und Plastik, weswegen sie nach Kairo zog, um sich mit ägyptischer Mythologie zu befassen. Doch es kam anders: Das Wasser, jenes Elixier, das neben seinem Pendant – der Wüste – schon äußerlich die Kultur Ägyptens dominierte, bestimmte von nun an mit überwältigender Präsenz auch ihr Leben. Mitten im Moloch Kairo, in einer Zivilisation, deren Existenz von einer Hauptwasserader abhängt, wohnte Ulrike Dornis auf einem Hausboot. Über ein Jahr strömte das Wasser des Nil – Element, Symbol, Lebensmittel und kosmisches Gedächtnis – in ihr Empfinden und ließ den Stoff für Die hydraulische Gesellschaft (1996) entstehen. Sinnliche Reize und Erfahrungen mit dem Fluss, die Sammlung von Wasserdarstellungen alter Kulturen und viel Erzähltes flossen in die Bilder ein, bestimmten ihre Ordnung. In archaischen Darstellungen und Überlieferungen auf Leinwänden wie Fischfänger, Der Transport der Weihrauchbäumchen, Sonden und Galeere (alle 1995) oder Weltenmeer, Nord-Süd-Ost-West, Archa Noe, Furage und Quickborn (alle 1996) untersuchte Dornis das Wasser, seine Linien, Wellen und ihre Darstellungsformen quer durch die Kulturkreise samt all ihrer Variationen und Verwandlungen. Die Welle wurde zum Ausgangssymbol, um das sich die Ausstellungsidee aufbaute. Eine ähnlich konzeptuelle, nun den gesamten Kunstraum vereinnahmende, raumübergreifende Rhythmisierung und Strukturierung, wenn auch unter dem Aspekt einer implementierten Zeitverschiebung, strebte Dornis in der Ausstellung Architecture of Mind – Transfer (2002) an, die sie mit Jens Hanke verwirklichte. Die handelte in Fläche und Raum von der Zeit und der Wahrnehmung von Veränderungen, sei es in der Realität oder Fantasie. Gleichzeitigkeit und Rhythmus korrespondierten mit einer künstlerischen Abwicklung, die sich auf die Raumfolge in der Galerie bezog. Große Wandzeichnungen auf deckenhohen, aneinander gehangenen Papierbahnen funktionierten als Be-, Ver- und Entkleidung des weißen Urzustands der Galerie, überdeckten, störten und verlängerten mit den auf ihnen abgebildeten Stahlkonstruktionen und Stadtlandschaften, die verwandt waren mit Leinwänden wie Großer Grüner Bogen, Stützpfeiler, Skyway Tollbridge oder Gasometer (alle 2001), die Proportionen und den Rhythmus der Galerie: Ein raumgreifendes, vielgliedriges, undurchdringliches, optisches Verwirrspiel aus gemalten Transformationen, Stauchungen und Verzerrungen, aus Balken und Stützen, denen die Last fehlte, aus Konstruktionen, ineinander gestapelt, wiederholt, vervielfacht, parallel verschoben, verlor sich im Raum, in dem sich Zeiten und Illusionen vermischten und das Künstlerteam den Parallel-Mal-Schwung zum beherrschenden Emblem erhob. Welche Beziehung hat das Gegenüber, Die andere Seite – wie Alfred Kubin es nennt – zu unserem Leben? Simulation, Klon, Gegenentwurf, Parallelwelt – inwieweit können erfundene, im Geiste erschaffene und reale Welt verschmelzen? Die Surrealisten, Maurits Cornelis Escher, Being John Malkovich, The Truman Show, Haruki Murakamis Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt und Stanislaw Lems Ijon Tichy, der auf seiner siebten Reise durchs All in mehrere Gravitationsstrudel mit Zeitschleifen gerät, erzählten wie Dornis und Hanke von der Nähe koexistierender Welten.

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