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Ausstellungen

Cindy Sherman

Ausstellung Do., 07.07.1994–So., 21.08.1994

Cindy Sherman: Cindy Sherman, 1994

Lesedauer etwa 2:06 Minuten

Cindy Sherman (US)

Cindy Sherman praktizierte ihr immer einsames Spiel mit der eigenen und der jeweils angeeigneten, geborgten Identität, in konsequenter Personalunion als Autorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin ihrer inszenierten Photographien. In sieben ihrer Schwarzweis- Filmstereotypen, den Untitled Filmstills (1977 – 80), verkörperte sie motivisch aus der Populärkultur, aus Film, Fernsehen oder Werbung inspirierte, zu Klischees gewordene Frauenrollen. Wie in echten Hitchcockfilmen zeigten sie die Spannung der dargestellten Charaktere und deren Angstgefühle. Sherman reproduzierte von den Medien bereits vorher für uns reproduzierte Bilder, in denen sie meist eine junge Frau spielte, die nervös und passiv darauf wartete, dass etwas passieren wurde. Sie schien konfus, die Geschehnisse nicht unter ihrer Kontrolle zu haben. Die Frauen in diesen Bildern schienen uns bekannt, ihre Posen – vertraut und typisch – entzogen sich dennoch jeglicher Definition. Die Filmstills blieben befremdlich, unbequem, erzeugten ein Unbehagen, das nicht erklärbar war, vielleicht gerade weil sie so stereotypisch waren. Sie stellte ihre Charaktere so verwirrt und frustriert über das tägliche Rollenspiel in der Gesellschaft dar, wie sie selbst war. Cindy Shermans erste Farbbilder von 1980 setzten diese Serie fort. Beide hier dargestellten Situationen spielten in den 1960ern. Auch diesen Rearscreen Projections (Ruckwandprojektionen, 1980) blieb die spannungsgeladene Atmosphäre, die das Gefühl wachrief, dass noch etwas passieren wurde, eigen. Cindy Sherman schien sich mehr auf die Gefühle ihrer Charaktere als auf deren Umgebung zu konzentrieren. Die Arbeiten wirkten persönlicher. Sie erforschte, wenn auch oberflächlich, das Selbst der Personen, die sie darstellte. Zudem brachte sie die Außenwelt ins Studio, arbeitete mit Hintergrundprojektionen, war nicht mehr auf reale Settings angewiesen und konnte sich ganz und gar ihren imaginären Rollenmodellen widmen. In ihren Disasters and Fairy Tales (Katastrophen und Marchen, 1985 – 89) inszenierte Sherman Schreckensvisionen, die oft kryptisch auf eine grausame Aktion deuteten. Sherman stellte Frauen dar, denen ein Hauch von Wahnsinn anhaftete. Ihre Charaktere waren nicht mehr passiv, sondern aggressiv und feindlich. Diese sechs zunehmend unrealistischen Motive entsprangen ganz der Fantasie der Künstlerin, die in die Tiefen ihres Unterbewusstseins vorzudringen versuchte, wie in Bild #165, auf dem eine Märchenfigur, weder männlich noch weiblich, schüchtern und ängstlich im Wald steht. Eigentlich harmlos, hat diese Fantasieschöpfung doch eine seltsame Spannung. In Shermans Katastrophenbildern sieht man nur noch Tod, Verwesung, Zerstörung und verlassene Szenen – sie war dem Schrecklichsten in sich selbst begegnet, und dem Schrecklichsten in der amerikanischen Kultur: Verbrauch, Reste, Mull. In drei History Portraits (1988 – 90) aus der vierten Serie von ihr ausgestellter Bilder hinterfragte Sherman die Rolle der Porträtmalerei alter Meister und die gängigen Ansichten, dass Porträts Menschen so darstellen, wie sie wirklich sind, und dass man vom Äußeren des Menschen auf seinen Charakter schließen kann. Sie sagte, dass Bilder alter Meister sie immer ein bisschen eingeschüchtert haben. Stereotypen, die zum Beispiel in der Renaissance vorherrschten, lassen sich durchaus mit solchen des 20. Jahrhunderts vergleichen. Sherman deutete an, dass die porträtierten Personen immer anders dargestellt wurden, als sie waren, dass sie verkleidet wurden, um den Wünschen des Auftraggebers des jeweiligen Gemäldes gerecht zu werden. Die Benutzung von Referenzen aus der Kunstgeschichte illustrierte nicht nur den großen Einfluss, sondern auch den historischen Kontext, den alte Kunst und ihre Wahrnehmung auf die Gegenwart hat und dass sich zeitgenössische Kunst immer auch am geschichtlichen Rahmen orientiert.

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