Handzeichen
Ausstellung Sa., 30.04.1994–Fr., 27.05.1994
Lesedauer etwa 2:15 Minuten
Julia Bornefeld (DE) / Harald Frackmann (DE) / Ralf-Rainer Odenwald (DE)
Beteiligung an anderen Ausstellungen des ACC:
Handzeichen | 30. April bis 27. Mai 1994 (nur Ralf-Rainer Odenwald)
Wahlverwandtschaften | 26. April bis 16. Juni 1996
Räume | 15. September bis 28. Oktober 2001 (nur Ralf-Rainer Odenwald)
Ausloten, was an Gegensätzlichem, an Berührungspunkten und an Verbundenheit innerhalb des künstlerischen Dreigestirns existiert, sich auf jenes artifizielle Beziehungsmuster zwischen Seelen- und Geistesverwandten einzulassen, direkte Konfrontation untereinander zu suchen, das waren die Intentionen der Wahlverwandtschaften im ACC. Auf dem Glatteis der Sympathie zueinander schätzte jeder der drei Künstler die Arbeit des anderen, die wünschenswerte Nähe einer von Atelier zu Atelier gefundenen Freundschaft, die gefühlte Berührung bis hin zum Staunen voreinander und den Mutwillen, im schonen und experimentellen Sinne aneinander zu geraten. Schwarze Sammelbehälter aus Stahl, Nessel und Kohlestaub, surreale Instrumente: Mit ihnen und Julia Bornefeld meisterte die Schau den Sprung ins Räumliche. Schwarz beschwor Unerhörtes, Unterbewusstes, Vergangenes, Unterirdisches herauf und doch war die Substanz dieser Schreckensgebilde ein filigraner, dünner Stoff von jener Unfarbe, die gern vom zweiten Bündnispartner aufgenommen wurde. Das war Harald Frackmann, dessen Schwarzmalereien wie in Sinkend (1996) und dustere Melancholien wie in Tierrest (1993 – 94) mit schwarzem Humor nicht selten hellere Zeichen zur Auflösung begegneten, unter ihnen jene Aus der Sammlung eines Mädchens (1995 – 96). „Ich bin fasziniert von der faszinierenden Welt des Glücks.“ Ein typischer Frackmann Satz. Heiterkeit, die dann doch alles wieder zusammenhält, neben Morbidität. Frackmann ist Maler und Poet: «Die besten Bilder sind existenzielle Selbstzweifel.» Der poetische Blick, der über die Realität hinausgehen will, stilles Fragen und der Versuch, das auszugleichen, was aus der Bahn geraten ist, Balance zu halten, die Widersprüche zu ertragen, all das bestimmt sein Wirken, ob im Ausschnitt einer Deponie (1994), in den Zweiteilern Tümpel und Landschaft ohne Sensation (beide 1993), in Bleiernes Blatt (1996), der Collage in Öl auf Papier Aus dunklen Notizen (1993) oder auf den vier Collage-Blättern Aus dem Zyklus Styx, letzte Reise (1990 – 96). Malerei und Fotografie (mit den Augen eines Malers wohlgemerkt) standen parallel nebeneinander. Ihre Vermischung schuf die Collage. Auch Ralf-Rainer Odenwalds von der Seele gemalte Bilder wuchsen aus einem Urgrund, bevor sie Schicht um Schicht in altmeisterlicher Manier durch den Einsatz der Farben zum Leuchten gebracht und mit archaischen Formen bedeckt wurden. Odenwald ist ein Gartner der Bildfläche. Gleich dem Gärtner des Bodens baute er Schichten auf und trug sie ab, feuchtete an, ging der Natur in seinen Ölbildern Garten der Tochter (1995), Auf dem Wasser (1995) oder Die Nacht / Der Tag (1995) entgegen. Dabei war er nur der Stein des Anstoßes, der dem Eigenwillen des Materials auf die Sprünge half, die Farbe ihrer eigentlichen Aufgabe überführte: „Ich versuche, alles zu tun, um ein Bild sich selbst werden zu lassen.“ Motive wurden zugedickt durch andere Motive, Gefäße und pflanzliche Formen dominierten da, Schalen, Krüge, Gläser, Kästen. Nicht nur die heile Welt, sondern auch die krankende floss in diese Bilder ein, mit all den Brüchen, die der Mensch in seiner Gestörtheit durchmacht, aber auch mit einer Unterweisung in Rücksicht (1996) und der Erprobung des Fortschritts (1995). Das Bild war für ihn ein Geschichtswesen, das in Vergessenheit gerat. Gelang es, das Vorhandene zu steigern, wurde das Bild selbstständig, frei, Ruhe trat ein: „Mir gefallt die Vorstellung vom frei herumtreibenden Werk als Welt, die nach freiem Belieben wie eine Insel oder Brücke betreten werden kann – als ein ‹beliebter› Ort, als Station einer Reise, als etwas, das sein kann wie eine gute oder nützliche Erinnerung im Getümmel.“