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  • Galerie und Kulturzentrum in Weimar
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Ausstellungen

The Pedestrian Project

Ausstellung Sa., 07.12.1996–So., 05.01.1997

Yvette Helin: The Pedestrian Project, 1996.

Lesedauer etwa 2:07 Minuten

Yvette Helin (US)

1990 kam der Protagonistin des fortlaufenden ≪Fußgänger-Projekts≫, Yvette Helin aus Brooklyn, angesichts des Standard-Verkehrsschilds ≪Fußgänger-Überweg≫ die Frage in den Sinn: ≪Wer ist diese Person? ≫ Sie entschloss sich, das Zeichen, zum Leben erweckt, auf die Straße zu bringen, stellte Kostüme aus schwarzer Baumwolle und Polyester her und suchte sich eine Gruppe von Darstellern. Von oben bis unten schwarz gekleidet, mischen sich die ≪Peds≫ seither in langsamen, aufeinander abgestimmten Bewegungen unter die Leute, von Yvette Helin mit Walkie-Talkie und Mikrofonen dirigiert, die im Inneren ihrer überdimensionalen Kugelkopfe versteckt sind. Die Peds sind stumm. Wahrend ihrer Stadtbummel zwischen Gebäuden, Skulpturen, Menschen und Situationen kommunizieren sie allein durch ihre Handlung. Mit ihren spontanen Aktionen, teils choreografiert, teils frei improvisiert, reagieren sie auch auf aktuelle soziale Gegebenheiten – Kriminalität, Umweltprobleme oder Obdachlosigkeit gehen ebenso wenig an den beweglichen Piktogrammen vorbei wie konventionelle Alltagshandlungen. Die Peds warten mit uns auf den Bus, stehen beim Backer oder am Bratwurststand Schlange, stürzen geradewegs zur Arbeit oder überqueren bei Grün die Straße. Als Teilnehmer am normalen Alltag fuhren sie uns die Absurdität mancher typischen Verhaltensweise vor Augen. Der vorherbestimmte Lebensweg, der vom Kindergarten über den Arbeitsmarkt bis zum Rentnerdasein einem Reglement, einem Lebensstandard entspricht, dem man sich schwer entziehen kann, und seine Illusionen werden von jenen gesichtslosen, hyperkonformen Unpersonen hinterfragt. Teils treten die Peds auch in Theatern auf oder produzieren für den TV-Kanal MTV. Um ihre Kunstprojekte verwirklichen zu können, gestaltete und produzierte Yvette Helin auch Kostüme für Disney-Produktionen und Broadway-Shows wie Phantom of the Opera und Cats. Nachdem sie auf vielen Straßen und Platzen US-Amerikas und ganz Europas aufgetaucht waren – selbst die abgestumpften New Yorker, für die der Anblick kostümierter Zeitgenossen nicht ungewöhnlich ist, hielten an und nahmen Notiz – sorgten sechs Peds nun – mit Kleinkind und Kaufkraft (Dollarsymbol), Herz und Hund ausgerüstet – in Weimar für Aufregung und Irritation. Die Reaktionen der Schaulustigen reichten von Leuten, die aufschrien, bis zu solchen, die die Präsenz der anonymisierten Fußgänger leugnen mochten. Zeitweilig losgelost von ihrer Identität, erfuhren die Darsteller in ihrer Verkleidung auch eine außergewöhnliche Sicht auf die Dinge. ≪Als Akteure ist es für uns leicht, festzustellen, wer einen guten Tag hat und wer nicht, wer mit seinem Leben zufrieden ist und wer nicht, wer den Mut hat, aus sich selbst herauszugehen und auch andere Sichtweisen zu verstehen.≫ Mehrere Performances und Peds-Aktionen überraschten die Weimarer Innenstadt. Schillerstraße und Theaterplatz bildeten ihr Epizentrum. Neben Yvette Helins handgenahten Pedestrian-Puppen, Skizzen und einem Dokumentationsvideo waren Gabe Kirchheimers Fotografien Grand Central Station, 8:30am, NYC, June 1995, Metropolitan Windows, NYC, October 1995, Ped Woman with Popsicle, Coney Island, NY, June 1995 und Beach Court, Coney Island, NY, June 1995 zu sehen. Oft tauchen die ≪Peds≫ wahrend politischer Veranstaltungen wie dem New Yorker ≪Annual AIDS Walk≫, dem ≪Earth Day≫ oder den Verhandlungen um die Müllverbrennungsanlage in Brooklyn auf. Bereits die vierzehnjährige Yvette Helin schneiderte und nahte auf der Highschool in Houston nahezu alle ihrer Kleider nach Schnittmusterbogen selbst. Auf der Kunstschule fertigte sie dann auch diese selbst an, experimentierte mit Kostümdesign, produzierte erste Bühnenoutfits für Sänger und Entertainer und erwarb Kenntnisse in Grafik und Industriedesign, Bildhauerei, Malerei und Farbtheorie, kinetischem Objektdesign, Fotografie, Illustration und Performancekunst.

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