Weimar den Weimaranern
Ausstellung So., 18.06.1995–So., 27.08.1995
Lesedauer etwa 2:15 Minuten
William Wegman (US)
Bevor William Wegman seinen ersten Hund Man Ray für 35 Dollar erwarb, musste er das Wort Weimaraner noch im Lexikon nachschlagen. Seit eine Münze entschied, dass es ein Weimaraner sein sollte, hat er Man Ray und seine Nachfolgerinnen Fay Ray und Batty unsterblich gemacht und zwang jeden Kunstkritiker in Amerika, zu lernen, wie man Weimaraner buchstabiert. Die Ausstellung zeigte 23 Einzelpolaroids, Diptychen und Triptychen von 1994 – 95, Porträts und andere ausgefallene Inszenierungen, in denen die temperamentvollen Hunde Fay Ray und Batty, Chundo und Crookie, teils als Menschen verkleidet in Szene gesetzt und seit Neuestem auch mit menschlichen Armen und Beinen „bestückt“ den Charakter der Bilder bestimmten. Die Ausstellung war Wegmans vor kurzem verstorbener Weimaraner-Hündin Fay Ray gewidmet. Sie spielte eine der Hauptrollen im vorgeführten Wegman-Film The Hardly Boys in Hardly Gold (1995), in dem die beiden krimi- und technikinteressierten „Boys“ einen Betrug um ein Bergwerk aufdecken. „Polaroidfotografie ist etwas Simples, auch wenn sie glatt und raffiniert aussieht. Die Kamera ist nicht so flexibel, sie kann nicht viele Sachen einfangen, das Szenario ist fast wie eine altmodische Zauberbuhne, alles von vorn, die Kamera ist gros, bewegt sich weder hoch noch runter oder zur Seite. Das ist eine kleine Buhne, wie ein Vaudeville, ein Zirkus, in dem die Hunde sind“, meinte Wegman. In geduldiger Teamarbeit entstanden die Unikate als scheinbar kitschige Parodien auf die stereotype Welt des Menschen mit einer Kamera, die es weltweit nur fünfmal gibt und die 51 x 61 cm große Hochformate produziert. Wegman brachte die Fotomodels mit den Schlappohren und feuchten Nasen, den „sexy Beinen und sinnlichen Augen“ dazu, in ausdauerndem Schweigen und den unterschiedlichsten Verkleidungen zu posieren und erstarren, ihre Kostümnummern zu spielen, in geblümte Schürzenkleider zu schlupfen, sich gegenseitig den Rucken zu kratzen, grüne Schwimmflossen überstülpen oder mit Mehl einstauben zu lassen, ohne dass die teils lächerlich bis skurril herausgeputzten Wesen ihre fast menschliche Wurde verloren hatten. Ausgestellt waren „Charaktere“ wie die Legends (1994), drei in Bademantel gehüllte Golfspieler, eine grübelnde Künstlerin im Lehnsessel, Artist Contemplating (1994), der Schnellimbissverkäufer mit Strickjacke, Jimmies (1994), der Tankstellenwart im Blaumann, Regular (1994), die Mägde in Maid and Maiden (1994) vor Alpenpanorama oder der Tierpräparator Taxidermist (1994) vor seinen ausgestopften Meisterwerken. Zu den eher formalen, elementaren Motiven ohne Requisiten, wie einem Hund auf einer Kiste, zahlten das Diptychon jenes Weimaraners, der vom weisen Würfel oder auch Cliff (Kliff, 1994) hinab in die Tiefen eines benachbarten, leeren Polaroids schaute, das Triptychon Catapillar (1994) mit einem raupenartigen Viel- statt Vierbeiner im gelben Blümchenumhang, Filter (1994), ein Hund in einem Kleid mit der Anmutung einer Kaffeefiltertüte, ein halb von einem grünen Vorhang verdeckt in die Kamera starrender Kanide in Curtain (1994) oder das von mehreren Schichten Gaze im ewigen Eis eingeschlossene Hundepaar in Ice Age (1995). Mit dem Ruf der Wildnis, Call of the Wild (1994), ging’s im Trio angesichts des Sonnenuntergangs und dann sogar im Quartett auf felsigen Klippen mit Weltblick, World View (1994), zurück zur Natur. Auch das Baby der Wegmans fehlte nicht – zwischen zwei Weimaranern hatte Atlas (1994) es sich bequem gemacht. Wie es zu dem Namen kam? „Als wir die Ultraschallaufnahmen machten, stand unten in der Ecke des Fotos das Wort ‹Atlas›. Wahrscheinlich ist das die Film- Entwicklungsfirma.“ Am Vortage der Ausstellungseröffnung wurden anlässlich der 3. Weimarer Weimaraner-Hundezuchtschau auf dem Gelände der Schöndorfer Hundeschule „Passion“ der schönste Rüde und die schönste Hündin vom Deutschen Weimaraner Klub mit dem Großherzog- Carl-August-Pokal geehrt. Derart viele Weimaraner hatte auch der Burgplatz nie gesehen.
Beteiligte