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Künstler*innen

Oliver Laric: Air Condition, 2006

Oliver Laric

CH, DE, GB

Die Videoanimation «Air Condition» (2006) des in Berlin und London lebenden Schweizers Oliver Laric setzt sich spielerisch (in Aufbau und «Selbstauslöschung») mit dem Begriff der Version auseinander, in einer Zeit, in der die Variation (von Musikstücken, Filmen, Biografien, aber auch Häusern, Schlössern und vielem anderen) mehr denn je eine beliebte und begehrte Methode ist, bewährte Dinge neu zu bearbeiten, wiederzubeleben, modifizieren, aufzufrischen, hochzustilisieren. In seinem Zweiminutenfilm untersucht Laric die Auswirkungen einseitiger, enttäuschter und nicht erwiderter Liebe und befasst sich mit dem eigenen Körper, flankiert von der Verwendung eines populären Riffs aus einem Bollywood-Musikhit. Mittels umgekehrten Filmabspielens entfernt der Mensch, als Radiergummi seiner selbst, seine eigenen Bewegungsspuren. Larics Version der Illustration dieser modernen Bollywoodliebesschnulze (mit ihm in der Hauptrolle) fragt tänzerisch-rhythmisch und gleichförmig-ironisch, inwiefern sich Indiens Identität von den Resultaten der Traumfabrik Bollywood ableiten lässt. Schließlich tragen wir stets eine Idee, ein Bild davon mit uns oder in uns, was authentisch, original und verbrieft die Charakteristik, die Identität einer Stadt, Kunst oder Kultur, eines Landes oder Menschen ausmacht, an der man festhalten, die man aber auch (künstlerisch) variieren, entkräften, zerstören kann. Auch in Nachrichtenreportagen erhalten wir Versionen von Meldungen. Gerade bei Ereignissen von «Weltrang», wie natur- oder menschgemachten Katastrophen, spricht man über die erste von der «Goldenen Stunde» der Berichterstattung, deren oft unpräzise Faktenfetzen sich aus einer Wildnis verschiedenster Quellen speisen, einem Informationsdickicht, einem News-Pool, aus dem die Version einer Realität komponiert, geschmiedet wird, deren Wahrheitsgehalt sich bereits Stunden später nicht selten wieder entkräftet findet, um einer neuen Version mit klareren Informationen Platz einzuräumen.

Larics Arbeiten trachten danach, das produktive Potenzial der Kopie oder des Remix’ zu analysieren und deren Rolle in der Entwicklung und Formung historischer und zeitgenössischer Bilderkulturen zu untersuchen. So sagt der Künstler zu der öffentlichen Debatte über das Urheberrecht und den Möglichkeiten der schnellen, großflächigen Vervielfältigung medialer Daten: «Ich denke, die Ignoranz des Urheberrechts und der Kunstmarktdebatte ist positiv für mein Befinden und mein Glück.» Fast alle seine Arbeiten sind auf seiner Website frei zugänglich. Vielleicht beruht sein offener Umgang mit Weiterverarbeitung und Veröffentlichung auch darauf, wie seine eigene Kunst entsteht. Er manipuliert und interpretiert vorhandene «Kulturobjekte» neu. Dadurch werden Wahrheit, Original und Kopie für ihn zu veralteten oder zumindest irrelevanten Begriffen.

Oft macht Laric dabei Gebrauch von tiefgründigen, technologisch ausgeklügelten Herstellungsmethoden. Sein Gesamtwerk überspannt die Schwellensphären zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Authentischem und Unauthentischem, bricht mit Kategorien und verwischt Grenzen auf eine Art, die ihre Existenz als solche hinterfragt.

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