Lucy + Jorge Orta
GB, gegründet 1966
Milch ist ob ihrer Einfachheit, Schlichtheit und Direktheit ein einzigartiges Nahrungsmittel, findet das in London und Paris angesiedelte Künstlerduo Lucy und Jorge Orta. Zahlreiche Ernährungsexperten empfehlen Milch als Hauptbestandteil verschiedenster Diäten und Ernährungsweisen – proteinhaltiger Schlank- und Schlaumacher, Zähne und Knochen stärkender Kraftspender, Schönheits- und Klugheitselixier schlechthin. Die Skulpturenreihe von Lucy und Jorge Orta „Lait (Milk)“ ist angelehnt an die Werbeinitiative aus dem Jahr 1992 „Vaso de Lece“, die in verschiedensten Medien unterernährten Kindern in Peru zu helfen gedachte. Im Gegensatz aber zu der höchstgradig symbolisch-plakativ aufgemachten Werbekampagne sind die hier gezeigten Milchverpackungen, Tetrapacks, Plastik- und Glasflaschen aus Aluminium und frei von jedwedem piktografischen Hinweis und sämtlicher farblichen Gestaltung, die auf den Inhalt – nahrhafte, zu erwerbende und zu konsumierende Milch – aufmerksam machen könnte. Weder Slogans wie der „reinste Hochgenuss“ von Weihenstephan oder „Nichts geht über Bärenmarke“, noch weiße Fluten an samtigen Milchströmen zieren die äußere Schicht der Behältnisse. Stattdessen decken sie die ästhetische Schönheit funktionalen Designs auf. Milch scheint, nicht zuletzt für das Orta-Duo, deren Studio in einer alten Molkerei in der Pariser Peripherie liegt, ein signifikantes, neutrales aber essenzielles Utensil zu sein. Mit einem noch wesentlicheren und vor allem gefährdeteren Elixier beschäftigt sich die Skulptur „Bottle Rack“. Hierfür haben die Künstler wiederverwendbare Glasflaschen gesammelt, mit dem Namen des Künstlerduos beschriftet und auf eine Replikation eines Readymades von Marcel Duchamp gesteckt. 2005 auf der Biennale Venedig ausgestellt, wurde der Durst der Besucher aus den mit gereinigtem Wasser des Canal Grande gefüllten Flaschen gestillt. Ein Luxusgut ist klares, trinkbares, vielleicht auch noch in Flaschen abgefülltes Wasser mittlerweile – ebenso der Kulturtourismus, der aufgrund des damit oft verbundenen hohen finanziellen Aufwands zumeist nur gehobeneren Klassen vergönnt ist.