Anna Witt
Für Anna Witt ist Kunst eine Kategorie der Erfahrung, ihre Methode, «Personen einen Handlungsraum zur Verfügung zu stellen, den diese selbst gestalten können», erzeugt im öffentlichen Raum Dialoge, Plattformen, Aufmerksamkeit.
Im Video Gleitzeit (2010) lässt sie Passanten auf der Straße ihre Faust in die Höhe strecken. Die Dauer der Performance dieser historischen Geste der Arbeiterbewegung bestimmen die Passanten selbst, müssen damit abwägen, wie viel Zeit angemessen ist, um dem Anspruch ihres Handelns auch moralisch gerecht zu werden.
In Anna Witts Zwei-Kanal-Videoinstallation Sixty Minutes Smiling (2014) lächelt eine Gruppe förmlich-seriös gekleideter Personen für sechzig Minuten in die Kamera. Auf einem zweiten Bildschirm werden die Gesichter im Detail gezeigt — die Kommerzialisierung von Emotionen und die Selbstoptimierung im Berufsalltag detaillierter unter die Lupe nehmend.
In Debattierclubs (einer angelsächsischen Tradition) trainieren Studenten neben rhetorischen Fähigkeiten ihre Analyse- und Argumentationsbegabungen, messen sich in Wettkämpfen mit anderen Debattanten. Witts drittes Video Die Suche nach dem letzten Grund (2016) zeigt drei Mitglieder des Debating Club der Wirtschaftsuniversität St. Gallen (in einem Einkaufszentrum) im argumentativen Redefluss zur brisanten Frage «Warum nicht über die Wahrheit sprechen?» Wie wird Sprache als (Macht-)Instrument eingesetzt? Wie austauschbar sind Meinungen? Wie beängstigend beeinflussbar sind Zuhörer, nicht zuletzt in der Politik?
Erste Eindrücke