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  • Galerie und Kulturzentrum in Weimar
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Veranstaltungen

GRAU ®

27. August bis 26. September 1999

Fr., 27.08.1999–So., 26.09.1999

Lesedauer etwa 2:15 Minuten

Das Projekt im öffentlichen Raum spiegelte die Bauaktivitäten, deren Auslöser die Ernennung Weimars zur Kulturstadt Europas und damit verbundene investive Maßnahmen waren, zurück auf die Organisatoren des Kulturjahres. Die waren nur allzu oft als Verursacher der Vielzahl im Alltag hinderlicher Baustellen im Stadtraum identifi ziert worden. GRAU® hingegen trachtete offenbar nach weiterer Potenzierung der Bauaktivitäten und untersuchte in diesem Kontext, vor welchen Aufgaben man am Beginn des neuen Jahrtausends stünde. So wurden die Fragen gestellt: «Wie wollen wir die Zukunft gestalten? Was wollen wir bauen? Bauen wir weitere Konzentrationslager, graue Blöcke oder neue Kulturstätten?» Das Licht der deutschen Klassik und das Grauen von Buchenwald waren für die PROTOPLAST Aktionsgesellschaft ausschlag gebend, um mittels «Goethescher Mischfarbe Grau» ein zeitgemäßes Bauprojekt, nämlich GRAU®, als Produkt für «Weimar 1999» zu entwickeln und lancieren. Ein Werbefeldzug ersetzte lieb gewonnene Perspektiven auf Weimar durch neue, ausgehend von der Feststellung: «Die Summe aller Farben, der Zwischenbereich von hell und dunkel und der Zustand von Stagnation und Unentschlossenheit sind GRAU.»

«In einer ersten Bauetappe wurden ab August 1999 sechs Standorte in Weimar – am Platz am Schloss, am Beethovenplatz, an der Geleitstraße, an der Wiese beim Liszthaus und jener bei Goethes Gartenhaus und beim Kubus – markiert.» Mit der Errichtung der Bautafeln und Baugespanne begannen die Bauarbeiten am Projekt GRAU®. So wirkte GRAU® als eine Architektur der Möglichkeitsform. «Visionen wollen realisiert werden, nicht graue Theorie bleiben. Denn um diese zu verwirklichen, soll sich bauliche Gestaltung ausleben können, sich Platz und Raum schaffen. In einer zweiten Etappe wird deshalb weiträumig abgetragen, gewalzt, planiert und betoniert. Aushubmaterial wird in die nähere und weitere Umgebung verfrachtet. Bisherige Gebäude weichen den GRAU®-Bauplänen. In der Folge werden auch ältere Gebäude entfernt oder gesprengt, um der Baukunst freie Entfaltungsmöglichkeiten zu verschaffen. Eine eventuelle Evakuierung evaluiert und rechtzeitig kommuniziert. Schlussendlich werden die neuen Ideen realisiert und hochgezogen. Endlich wird Zukunft wirklich.» Kulturstadtbewohner wie -besucher sollten sich neugierig, gespannt und verunsichert mit der «bedrohlichen» Präsenz von GRAU®, der mit ihm verbundenen «Erschaffung imaginärer Zonen zum sinnlichen Nach- und Vordenken» (Gesamtfl äche: 8.651 m2) und mit dem «frappanten Eindruck, dass offenbar ganz Weimar überbaut werden soll» auseinandersetzen, damit «Denkmuster gelöst und GRAU®-Substanzen in das Kulturstadtsystem eingebracht werden können». Im ACC setzte sich diese «Umbau-Aktion» fort. Die «ehemaligen» Ausstellungsräume der Galerie wurden als Info- und Planungsbüro von PROTOPLAST umgenutzt. Architekturbüros mit Reißbrett, Aktenschrank, Kopierer, Computer, Vermessungsgeräten, ein Versammlungsraum, ein Projektraum mit einem Stadtmodell Weimars und Bauzeichnungen sowie Latten mit Brennstempel GRAU® zur Markierung der Baustellen u. v. m. gehörten zum Inventar. Ein Tag der offenen Tür zur Präsentation des Bauprojekts GRAU® fand statt, PROTOPLAST-Mitarbeiter gaben Auskunft über die Baufortschritte, eine TelefonHotline stand zur Verfügung, Bilder von den Bauplätzen und aus dem Infobüro waren online, der GRAU®-Prospekt in gedruckter Form erhältlich. Außerdem wurde die Kampagne von einer Retrospektive der 15 bereits seit 1990 lancierten Protoplast-Produkte begleitet. Das dreiköpfi ge Basler Unternehmen, gegründet als Antwort auf die Sinnkrise der Warenwelt, entwickelt, erzeugt und vertreibt imaginäre Produkte und erarbeitet mit den Mitteln von Werbung, Marketing und Verpackung Mehrwert für das heutige Informationszeitalter, «um dem Alltag Sinn zu geben». PROTOPLAST kreiert Beziehungen zwischen Waren- und Kunstwelt, «zu denen neben der ästhetischen auch eine soziale gehört.» (Thomas Kellein) Die konkrete Existenz der Produkte, die an Gewicht einsparen, wo sie an Bedeutung zulegen, wird reduziert, ihre Markenpräsenz optimiert.

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