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Veranstaltungen

so wahr wie alles war war

10. November bis 30. Dezember 2001

Sa., 10.11.2001–So., 30.12.2001

Lesedauer etwa 2:07 Minuten

Der in New York lebende deutsche Künstler vereinte in Videointerviews, einer Internetarbeit sowie einer Diaprojektion seine Beschäftigung mit den Auswirkungen von Nationalismus und der Bedrohung der Bürgerrechte als Folge der Ereignisse seit dem 11. September 2001. Eine Folge von 50 Dias suchte nach Verständnis für die Flut von amerikanischen Flaggen, die unmittelbar nach 9 /11 die Vereinigten Staaten heimsuchte. Persönlicher Schmerz, hilfloser Nationalismus und die verbreitete Sprachlosigkeit ließen viele Menschen zum Star-Spangled Banner greifen. Die Flagge wurde ein Symbol der Solidarität mit den Verstorbenen und kollektiver Ausdruck einer verwundeten, trauernden Nation, und sie wurde missbraucht zur Aktivierung eines bedrohlichen Patriotismus, der den Weg für profitable Militäraktionen ebnete. Wenn Amerikaner zu ihrer Flagge greifen, sollte die Welt sich fürchten, sagen Vietnamveteranen. Da überrascht es auch nicht, dass in amerikanischen Schulen der Treueschwur zur Fahne wieder eingeführt wurde. Fraglos führte dieser Patriotismus auch zu Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und unangenehmen kollektiven Leidenschaften. Die Flagge diente auch als Schutz für arabische Amerikaner und Muslime, die sich vor Angriffen von Mitbürgern schützen mussten. Amerikaner, deren Ursprung im Mittleren Osten vermutet wurde, wurden auf der Straße angespuckt, auf Grund ihres Namens entlassen oder von ihren Vermietern auf die Straße gesetzt. Es gab Fälle von arabischen Amerikanern, denen ihr Recht auf medizinische Behandlung ausgeschlagen wurde. Drei Araber wurden unmittelbar in Folge der Terrorattacke am 11. September 2001 getötet. Etwa eintausend Personen waren einfach verschwunden, ohne dass ihre Familien informiert wurden. Das FBI hielt sie wochenlang in Untersuchungshaft. In Amsterdam wurde eine islamische Grundschule niedergebrannt. Auch in Deutschland gab es Attacken auf Immigranten, Muslime und Araber. Die damaligen Gefühle von Unsicherheit wurden von staatlicher Seite in den USA ebenso wie in Deutschland benutzt, grundlegende Bürgerrechte zu beschneiden. Die Einführung von Pässen mit digitalisiertem Fingerabdruck und die Genehmigung von Lauschangriffen ohne Verdachtsmomente wurden diskutiert. Trebor Scholz’ Internetarbeit Look Closely (2001) gab dem Besucher die Möglichkeit, zu  diesem Themaeiner Diskussionsliste beizutreten und seine Meinung zum Thema in ein Internetarchiv einzugeben (www.thing.net /~sep11).

Im Oktober 2001 befragte Trebor Scholz im New Yorker Arab Family Center arbeitende arabische Amerikanerinnen (Emily Jacir und Ra'baah Morris) nach ihrer gegenwärtigen Situation. Diesen Interviews waren aktuelle Befragungen Weimarer Bürger über ihre Haltung zum Krieg in Afghanistan gegenübergestellt: «Wie stehen Sie zum Krieg in Afghanistan?», «Wieviel Sicherheit braucht die Freiheit?» oder «Sind Sie bereit, Ihre Bürgerrechte aufzugeben?» In einem weiteren Teil von so wahr wie alles war war (2001) begegneten sich Trauma, Hoffnung und der erschütterte Glauben an Sicherheit von Kosovo-Albanern in Prisˇtina und Serben in Belgrad. Festgehalten in Form kurzer Videointerviews, dort aufgenommen im Sommer 2001, dokumentierten diese Erinnerungen die barbarischen Folgen. 

Auf einem Aufkleber an einem Laternenpfahl in Weimar hieß es: «Es ist Krieg, sag's weiter.» Initiiert von Trebor Scholz, fand am 21. November 2001 in der Bauhaus-Universität Weimar ein Offenes Forum über den Krieg in Afghanistan statt. Fragen wie «Gibt es ökonomische Gründe, die zum Krieg in Afghanistan führten? Wessen Interessen wird geholfen?», «Wie kann es uns gelingen, Gleichgültigkeit zu überwinden?», «Was sind die Konsequenzen des 11. September für die Bürgerrechte in Deutschland?», «Muss ich ein Experte sein, um meine Bedenken anmelden zu dürfen?» oder «War die Außenpolitik der USA der Auslöser der Attacken des 11. September?» wurden diskutiert.

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